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Eiskalte Party. Der SC Riessersee aus Garmisch-Partenkirchenfeiert wurde 1981 Deutscher Meister, der Weg zum Titel war allerdings fragwürdig.

© Imago

Play-offs im deutschen Eishockey: Alles beginnt mit einem Skandal

Seit 1981 gibt es Play-offs im deutschen Eishockey – der neue Modus startete seinerzeit allerdings mit einem Skandal.

37 Jahre ist es her, als das deutsche Eishockey eine kleine Revolution durchsetzte. Zuvor war in den Ligen im Lande alles einfach: Wer in der Tabelle am Saisonende vorne stand, war Meister. Das Eishockey hatte sogar als erste Mannschaftssportart überhaupt im Jahr 1958 eine Bundesliga eingeführt. Die gab es zur Saison 1980/1981 zwar auch noch, doch erstmals sollte Platz eins am Ende der Runde eben nicht den Titel bedeuten: darüber entschieden nun die Play-offs.

Nun war das K.o.-System nach der Hauptrunde natürlich keine deutsche Erfindung, in Nordamerika wurden schon seit Jahrzehnten die Meisterschaften in diesem Modus ausgespielt. In der National Hockey League (NHL) hatte es im Gründungsjahr 1917 zwei Finalspiele gegeben, im Jahr darauf wurden in der weltweit führenden ältesten Profi-Eishockeyliga bereits „Best of Seven“-Serien ausgespielt. Das war den deutschen Eishockeyfans durchaus bewusst, insofern hielt sich die Kritik am neuen System in einem engen Rahmen. Lorenz Funk, damals spielende Galionsfigur des Berliner Schlittschuh-Clubs, erinnert sich: „Das war gar nicht so schlimm damals, die Fans haben das mit den Play-offs schon sofort akzeptiert. Schlimm war allerdings, was die Kölner damals mit den Deutschkanadiern gemacht haben.“

Der sogenannte „Passfälscherskandal“ bewirkte, dass die ersten Play-offs im deutschen Eishockey zu einer Farce wurden. Köln und Duisburg hatten in der Hauptrunde ausländische Spieler mit gefälschten deutschen Pässen eingesetzt, um das erlaubte Kontingent für ausländische Profis zu umgehen. Für beide Klubs wurden alle Spiele mit Beteiligung von Spielern mit gefälschten Pässen als verloren gewertet. Der Duisburger SC stieg somit ab, der Kölner EC rutschte aus den Play-off-Plätzen – nur gab es da ein Problem: die Play-offs liefen bereits.

Köln hatte sich durch zwei glatte Siege (6:2 und 5:3) über den EV Landshut fürs Halbfinale qualifiziert – damals wurde im Modus „Best of three“ gespielt. Der Passskandal hatte zur Folge, dass alle Viertelfinalserien annulliert wurden. Füssen rückte auf, das Viertelfinale wurde noch mal gespielt, in neuer Konstellation.

Der Berliner Schlittschuh-Club war eigentlich schon ausgeschieden

Lorenz Funk war mit dem Berliner SC eigentlich gegen Mannheim schon ausgeschieden, bei der zweiten Chance rückten die Berliner durch ein 2:1 in der Serie gegen Landshut ins Halbfinale vor. Funk erinnert sich: „Viele Menschen waren empört, weil sie uns das nicht gönnten, denn eigentlich waren wir ja schon draußen.“ Dafür schieden die Berliner dann im Halbfinale aus, nach einem 2:4 in einem seltsamen dritten Spiel beim SC Riessersee. Der Schiedsrichter verpfiff die Berliner und wurde am Ende sogar von Berliner Spielern bedroht – einer der Profis vom BSC wurde daraufhin lebenslang gesperrt. Ein Jahr später erfuhr Funk nach seinem Wechsel nach Garmisch-Patenkirchen von einem Betreuer des SC Riessersee: „Ihr durftet das Spiel nicht gewinnen, das war uns vorher klar.“

Riessersee wurde 1981 Meister – als Tabellenerster der Hauptrunde. Das war in den Jahren danach – und besonders seitdem 1994 die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) eingeführt wurde – nicht immer so. Kritiker bemängeln immer wieder, dass die reguläre Saison durch die Play-offs entwertet würde. In der DEL kann auch noch der Tabellenzehnte von 14 Teams über den Umweg Pre-Play-offs Meister werden. In den gerade laufenden Play-offs allerdings sind die Eisbären Berlin als Tabellenachter das schwächste übrig gebliebene Team aus der Hauptrunde.

In Deutschland hat bisher von den großen Sportarten nur der allmächtige Fußball noch nie Play-offs eingeführt. Die Handball-Bundesliga experimentierte von 1990 bis 1992 mit dem Format. In der DEL ist die K.o.-Runde – wie schon lange in Nordamerika – nicht mehr wegzudenken. Es kommen mehr Zuschauer als in der Hauptrunde in die Arenen, die Spiele werden intensiver geführt. Seit einigen Jahren wird ab dem Viertelfinale im „Best of Seven“-Modus gespielt und bei Unentschieden so lange Verlängerung gespielt, bis ein Tor fällt. Der Rekord steht bei 168 Minuten und 16 Sekunden, so lange dauerte am 23. März 2008 ein Spiel der Kölner Haie gegen die Mannheimer Adler.

Die Play-offs sind eben mehr Sport als Zirkus. Penaltyschießen oder Verlängerung mit nur drei Spielern auf dem Eis – so etwas gibt es nur in der Hauptrunde, die wegen ihrer scheinbaren Beliebigkeit auch schon mal gern als „längste Testspielserie“ der Welt abqualifiziert wurde. Das aber wohl zu Unrecht, dies werden in jedem Fall die Klubs so sehen, die nicht die Play-offs erreicht haben. Denn nichts ist schlimmer im Eishockey, Basketball, Baseball, American Football oder selbst Volleyball oder Wasserball, als in der eigentlichen Saison nicht dabei zu sein.

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