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Sport: Pluspunkte an der Klagemauer

Chelseas Coach Mourinho zu Besuch in Israel

Der Mann mit der Neun auf dem Rücken hat ein gutes Auge und das Gefühl für den richtigen Pass. Sein Stellungsspiel ist vorzüglich, und in technischer Hinsicht kommt kein Mitspieler an ihn heran. Aber man merkt auch, dass dieser schmächtige, unrasierte Typ schon länger in England lebt: Als ein dribbelstarker Gegner an ihm vorbei flitzen will, grätscht er ihn einfach ab. Und das in der Halle.

José Mourinho will immer gewinnen, selbst beim Fünf gegen Fünf mit etwas beleibten israelischen Wirtschaftsgrößen gegen das jüdisch-arabische „Peace Team“ des Shimon-Peres-Zentrums für Frieden. Die jungen, athletischen Kicker, die im Auftrag der Stiftung für Toleranz und Koexistenz im Nahen Osten werben, setzen sich am Ende trotz harter Abwehrarbeit des Linksverteidigers Mourinho 9:7 durch. Doch der umstrittene Trainer des FC Chelsea darf sich am Ostersonntag auch so als Sieger fühlen.

Eine Stunde zuvor war Mourinho im kleinen Winter-Stadion vor den Toren Tel Avivs – umzingelt von Fotografen und Bodyguards – wie ein gefeierter Popstar auf den sonnigen Rasen geschlendert. Hunderte von Kindern wollten ihm die Hand schütteln. Nobelpreisträger Peres, der Liebling der internationalen Medien, fand neben dem in Schwarz gekleideten Portugiesen fast gar keine Beachtung.

Peres dankte Mourinho für seinen Besuch in Israel und die Unterstützung seines Zentrums, das mehr als 1200 israelische und palästinensische Kinder zwischen sechs und 13 Jahren in gemischten Mannschaften ausbildet. „Sport bringt Menschen zusammen, Hoffnung, Freude und Stolz“, sagte Peres. Mourinho schien ernsthaft berührt, und für einen Moment sogar bescheiden. „Ich muss Herrn Peres und den Mitarbeitern seiner wundervollen Organisation danken. In unserer Sportwelt denken wir manchmal, dass wir sehr wichtige Leute sind, aber die wahren Helden sind Menschen, die sich für wirklich wichtige Ziele einsetzen.“ Er verteilte Medaillen an die talentiertesten kleinen Fußballer und bekam dafür ein T-Shirt zurück, auf dem „Mourinho Coach for Peace“ stand.

Der europäische Fußballverband Uefa wird es staunend zur Kenntnis genommen haben. Am Donnerstag muss sich Mourinho zusammen mit seinem Assistenten und einem weiteren Chelsea-Mitarbeiter in Nyon verantworten. Den dreien wird unsportliches Verhalten nach dem Champions-League-Spiel in Barcelona vorgeworfen. Damals hatte Mourinho das Gerücht verbreitet, Barcelonas Trainer Frank Rijkaard sei bei Schiedsrichter Anders Frisk in der Kabine gewesen.

Gut also, wenn man vorher noch ein paar PR-Pluspunkte sammeln darf. „Im Krieg mit Europa, friedlich im Nahen Osten“, schrieb die „Times“ gestern schnippisch. Das Timing ist perfekt, „der Besuch wurde aber schon vier Monate vorher vereinbart“, sagt Ron Pundak vom Peres-Zentrum. Mourinho, der vermeintlich arrogante Erfolgsmensch, auf friedlicher Mission – das ist eine schöne Geschichte für die Medien, und auch eine wunderbare Mediengeschichte.

Am Montag hielt der Trainer im Dan Hotel einen Vortrag vor israelischen und arabischen Trainern. „Manchmal kommt in den Medien ein arrogantes Image von mir rüber, aber ich bin der größte Verteidiger von Teamwork – Loyalität geht mir über alles“, sagte er. An der Klagemauer habe er einen Zettel mit einem Wunsch in eine Ritze gesteckt: „Kein einziges Wort über Fußball, nur Familie und Frieden.“ Dann geht es weiter zum Mittagessen. „Keine wichtigen Statements, es ging nur um den Frieden im Nahen Osten“, meldet der Mann von der Nachrichtenagentur Reuters ohne jede Ironie seinem Büro.

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