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Natürlich in Rot-Weiß. Larry Heer im bremisch geschmückten Fußballkeller seines Restaurants „Alois S.“.

© Mike Wolff

Pokalfinale: Ein Wirt für Werder

Wirt Larry Heer hat ein Herz für Bremer. Er wird seinen Stammfans Plätze reservieren, indem er grün-weiße Schals über ihre Stühle legt. Und das, obwohl Larry Heer – ausgerechnet – Fan des FC Bayern ist.

Auf den ersten Blick wirkt das „Alois S.“ an der Ecke Senefelder/Stargarder Straße wie ein ganz normales Restaurant. Der Gastraum sieht aufgeräumt mediterran aus, auf der Karte stehen Tapas und Wein, draußen geht die Terrasse in einen Kinderspielplatz über. Nur ein grün-weißer Wimpel an einem Fensterrahmen gibt einen Hinweis darauf, dass hier an Bundesligaspieltagen die Hölle los ist.

Am heutigen Samstag wird es wieder so weit sein. Der SV Werder Bremen tritt im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München an, und viele Berliner Bremen- Fans, die keine Karten für das Endspiel im Olympiastadion haben, werden sich das Spiel auf der großen Leinwand im „Alois S.“ anschauen. Wirt Larry Heer, ein sportlicher Glatzenträger mit Knopf im Ohr, wird dann die Werder-Wimpelkette herausholen und das von der Meistermannschaft 2004 signierte Vereinsbanner an die Fensterfront hängen. Und Heer wird seinen Stammfans Plätze reservieren, indem er grün-weiße Schals über ihre Stühle legt.

Und das, obwohl Larry Heer – ausgerechnet – Fan des FC Bayern ist.

Heer ist Bayern-Fan seit dem Tag, an dem sein Vater ihn mit ins Grünwalder Stadion genommen hat. Wer bei jenem allerersten Spiel im Jahr 1966 der Gegner war, weiß der 52-Jährige nicht mehr, aber: „Wir haben gewonnen!“ Die Atmosphäre in der Kurve, die Kuttenträger, die Würstchenbuden – Heer war sofort fasziniert. Und ist seinem Verein bis heute treu geblieben.

Dabei ist der Wirt gar kein Bayer. Heer stammt aus dem südbadischen Waldshut. In seiner Jugend war das noch keine Fußballgegend, sagt er. „Der SC Freiburg spielte noch keine Rolle, der KSC auch nicht, als Nächstes war da noch Stuttgart – aber das ging gar nicht, für mich als Badener.“ Blieben nur die Münchner.

Seit 26 Jahren lebt Heer in Berlin, sein Restaurant im Prenzlauer Berg betreibt er seit zehn Jahren. Zuerst hat er in dem kleinen Kellerraum nur Bayern-Spiele gezeigt. Aber eines Tages standen plötzlich um die 30 Werder-Fans an Heers Tresen und fragten, ob er nicht auch Werder zeigen wolle. Die Leute waren ihm sympathisch, „Exil-Bremer, die ihrem Verein die Treue halten“ – Heer stimmte zu.

Dass ihr Wirt kein Grün-Weißer, sondern ein Roter ist, hat die Fans vom Fanclub „Fischmob Berlin“ nie gestört. Noch nie habe es böses Blut gegeben, höchstens mal eine Frotzelei, sagt Heer. Ein paar Mal habe er Bayern-Bettwäsche geschenkt bekommen – „aber damit wollten sie mich ärgern“. Er würde auch nie ein Bayern-Trikot anziehen – obwohl er sechs davon besitzt. Heer sammelt Fußballhemden, 80 Stück hat er insgesamt, aber die bleiben im Schrank. Er trägt seine Gefühle im Herzen, nicht auf dem Leib. Heers rot-weiße Sportjacke spricht allerdings eine andere Sprache.

Seit der Erfolgssaison 2003/2004, in der Werder nicht nur Meister wurde (übrigens durch einen 3:1-Auswärtssieg gegen den FC Bayern), sondern auch den DFP-Pokal gewann, zeigt Heer die Spiele auch oben, im großen Gastraum. Wenn die Tische zur Seite geräumt werden, passen mehr als 120 Leute hinein, 100 von ihnen werden heute Abend Werder-Fans sein, schätzt der Wirt. Die Übermacht stört ihn nicht, die Bremer sind ihm inzwischen ans Herz gewachsen. Sein Tipp für das Spiel? „2:0 für Bayern!“ Was sollte er auch sonst sagen.

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