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Mal angenommen. Luke Perry ist kein Mann für spektakuläre Punkte. Trotzdem ist er für die Volleys unverzichtbar. Foto: Wells/Imago

© imago/Sebastian Wells

Pokalfinale gegen den VfB Friedrichshafen: BR Volleys: Das besondere Spiel für Luke Perry

Volleys-Libero Luke Perry ist in der Liga einer der besten auf seiner Position. Im Pokalfinale trifft er auf sein ehemaliges Team.

Von Johannes Nedo

Luke Perry weiß genau, wie viele Punkte er in seiner Karriere erzielt hat. Und das ist sehr bemerkenswert im Volleyball, wo unzählige Punkte vergeben werden. Vier sind es. Vier Punkte in den vergangenen acht Jahren. Mehr nicht. Aber Perry ist eben Libero. Er ist nicht für das Punkten zuständig, sondern dafür, die Bälle des Gegners gut anzunehmen und zu entschärfen. Umso mehr erinnert sich der Australier von den BR Volleys an seinen mit Abstand spektakulärsten Punkt.

Er gelang ihm am 18. Dezember des vergangenen Jahres, im Bundesliga-Heimspiel gegen den VfB Friedrichshafen, seinen ehemaligen Klub. Nach einer missglückten Annahme eines Teamkollegen flog der Ball weit hinter die Hälfte der Berliner, direkt auf die Werbebanden zu. Perry sprintete ihm hinterher, hechtete über die Bande und spielte den Ball im Sprung zurück. Danach flitzte er wieder auf seine Abwehrposition und konnte den nächsten Angriffsschlag der Friedrichshafener direkt zurückspielen. Weil der Ball dabei die Netzkante touchierte und abgelenkt wurde, fiel er wie ein Stein in die gegnerische Hälfte. Und in der Max-Schmeling-Halle brandete Jubel auf.

Das Video davon wurde zu einem Internethit unter Volleyball-Fans. Und natürlich sei es sein mit Abstand schönster Punkt gewesen, sagt der 21-Jährige. Aber er schwärmt nicht von seiner Aktion. „Ich mag das Rampenlicht nicht“, betont Perry. „Bejubelt zu werden, ist mir nicht so wichtig.“ Für ihn zähle allein der Erfolg der Mannschaft, sagt er. Deshalb sei es ihm an diesem Sonntag viel wichtiger, dass er mit den Volleys das Pokalfinale gegen Friedrichshafen in Mannheim gewinne (16.45 Uhr/live auf Sport 1), als dass er selbst wieder einen Punkt erziele.

Das Spiel ist ohnehin ein sehr besonderes für Perry. In der bisher wichtigsten Partie des Jahres trifft er auf die Mannschaft, für die er in der vergangenen Saison noch selbst gespielt hat. Er hält noch viel Kontakt zu ehemaligen Teamkollegen. Friedrichshafens zweiter Libero Thilo Späth-Westerholt, der nebenbei bei einer Bank arbeitet, kümmert sich sogar noch um Perrys Überweisungen. „Er ist mein Sparkassen-Boss. Wenn ich Geldgeschäfte erledigen muss, rufe ich ihn an“, sagt Perry. „Aber das Finale nun ist noch etwas spezieller für mich, weil wir zuletzt zweimal gegen Friedrichshafen verloren haben.“ Zunächst im Supercup im ersten Saisonspiel und dann in der Liga – beide Male ging es 0:3 aus, die Berliner konnten bislang also nicht mal einen Satz gewinnen. „Das wird sich aber definitiv ändern am Sonntag“, sagt Perry. „Alle im Team wollen unbedingt Friedrichshafen besiegen und den Pokaltitel verteidigen.“

Um dies zu erreichen, kommt Perry eine besondere Aufgabe zu, auch wenn sie nicht so umjubelt ist. Er muss versuchen, die krachenden Aufschläge und die variablen Angriffswellen der Friedrichshafener so gut zu parieren, dass die Berliner kaum unter Druck geraten. „Wir vertrauen da voll auf Luke“, sagt Volleys-Kapitän Robert Kromm. „Er übernimmt viel Verantwortung und ist sehr ehrgeizig.“

Perry hatte eine große Bedeutung für seine Mannschaft

Perry nimmt seine Rolle überaus ernst. Er weiß, welche Bedeutung er für die Mannschaft hat, ohne sich zu wichtig zu nehmen. Diese Ruhe strahlt er auch im Gespräch aus. Fast etwas zurückhaltend wirkt der Australier mit den jungenhaften Gesichtszügen und den schwarzen Haaren. Jedes Wort wägt er genau ab. Er will sich bloß nicht zu sehr in den Vordergrund rücken. Dabei kann Perry schon einige Erfolge vorweisen. Bereits im Alter von 17 Jahren debütierte er für Australiens Nationalmannschaft. Mittlerweile hat er mehr als 100 Länderspiele bestritten. „Ich kann um die Welt reisen und werde dafür bezahlt, das zu tun, was ich liebe. Das ist wunderbar“, sagt Perry.

In der Nationalmannschaft lernte er 2014 auch Paul Carroll kennen, mit dem er nun auch bei den Volleys zusammenspielt. „Paul und ich haben uns sofort bestens verstanden“, sagt Perry. „Und wir reden viel Quatsch.“ In Charlottenburg wohnt er nur wenige hundert Meter entfernt von Carroll. Er verbringt viel Zeit mit dem Diagonalangreifer. „Luke ist wie ein kleiner Bruder für mich“, sagt der 30 Jahre alte Carroll. „Er ist sehr fokussiert und kann sogar noch besser werden.“

Schon als Perry noch in Friedrichshafen spielte, besuchte er Carroll oft in Berlin. Gemeinsam mit seinem früheren Teamkollegen Björn Andrae, dessen Familie in Berlin wohnt, fuhr er dann vom Bodensee in die Hauptstadt. „Björn hat ein tolles Auto und er ist ein richtig guter Fahrer – er ist auch immer sehr schnell gefahren“, sagt Perry. So seien aus sechs Stunden Fahrzeit oft vier geworden. „Nur beim ersten Mal auf der Autobahn konnte ich nicht schlafen, als Björn mit 260 Stundenkilometern gefahren ist.“

Andrae, der mittlerweile in Königs Wusterhausen spielt, ist begeistert von Perry. „Luke ist ein absolutes Ausnahmetalent. Er ist super abgezockt, obwohl er noch so jung ist“, sagt der 35-Jährige. Perry schmeicheln diese Lobeshymnen. „Doch ich muss mein Potenzial erst in wirkliche Größe ummünzen, sonst ist es gar nichts wert“, sagt er. Perry hat noch hohe Ziele. Er will zu Olympia und nach seiner Karriere wieder zurück ins warme Perth, um dort in einem Job außerhalb des Sports zu arbeiten. Dafür studiert er seit zwei Jahren Wirtschaftswissenschaften an einer Fern-Uni. Zuerst zählen für ihn jedoch die Erfolge mit den Volleys – und nun vor allem der Pokalsieg. Deswegen sagt er: „Ich will auf keinen Fall nochmal gegen mein altes Team verlieren.“

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