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Torsten Frings, 33, hat den DFB-Pokal dreimal gewonnen: 1999 und 2009 mit Bremen, 2005 mit dem FC Bayern.

© ddp

Pokalfinale: Torsten Frings: Der Ansager

Torsten Frings spricht vor dem Pokalfinale im Interview mit dem Tagesspiegel über Bremens Chancen, sein Image und den Spaß an Berlin.

Herr Frings, stimmt es, dass Sie mit Bayerns Kapitän Mark van Bommel in Kontakt standen, nachdem Werder Bremen die Münchner durch den Sieg gegen Schalke zum Meister gemacht hatte?

Ja, wir haben uns einige SMS geschrieben. Er wollte die Adresse wissen, wo der Champagner hin soll. Die habe ich ihm gegeben, aber ich warte immer noch.

Ist der Niederländer für Sie eine Art Bruder im Geiste?

Wir kennen uns einfach ewig. Dass wir ähnliche Spielertypen sind, ist eher Zufall. Das konnte man in der Jugend noch nicht erkennen, als wir recht oft bei Turnieren aufeinandergetroffen sind, weil er in Sittard gespielt hat und ich in Aachen gespielt habe – ich war damals noch Stürmer.

Van Bommel hat kürzlich gesagt, Sie seien „der letzte Spieler unserer Sorte“. Und er sagt, Sie seien kein Duckmäuser.

Da hat er recht. Es gibt nicht mehr so viele Spieler, die eine klare Meinung haben. Diese Gattung stirbt langsam aus. Die meisten Profis sagen zu allem Ja und Amen. Wenn ich den Mund aufmache, tue ich es, damit wir Erfolg haben. Ich will mich damit nicht profilieren.

Wer ist der bessere Aggressive Leader?

Ich will das gar nicht vergleichen. Es kommt in einem Endspiel auch nicht auf einen einzelnen Spieler an. Wir müssen als Mannschaft funktionieren. Das Team, das am meisten investiert, das am besten zusammenarbeitet, wird gewinnen.

Viele Beobachter sagen über Sie, dass Sie gerade Ihren dritten oder vierten Frühling erleben …

… ich bin ja schon 100 Jahre alt. Solche Fragen machen mich echt fertig.

Versuchen wir es anders: Sie wirken derzeit zweikampfstark und spritzig und spielen fast in WM-Form.

Ich fühle mich sehr gut, und es macht mir Spaß, Fußball zu spielen. Mein Vertrag läuft noch bis 2011, ich kann noch zwei, drei Jahre spielen, aber ich habe nicht den Druck, unbedingt weiterspielen zu müssen. Wenn ich merke, es reicht nicht mehr, höre ich halt auf.

Diesen Sommer haben Sie lange Urlaub.

Ja, so lange wie noch nie. Ich werde sicherlich einiges unternehmen und mir dafür auch richtig viel Zeit nehmen. Die Nationalmannschaft ist ja abgehakt; für mich ist es gut zu wissen, dass es nichts mit der Leistung zu tun hat, sondern persönliche Gründe hatte.

Es hieß, Sie wollten irgendwann Ihren Heimatklub Alemannia Aachen noch einmal nach oben schießen.

Grundsätzlich kann man sich immer vorstellen, dorthin zurückzugehen, wo alles anfing. Aber im Moment möchte ich noch bei einem Klasseteam wie Werder spielen, auch international. Was dann wird, weiß ich noch nicht, später möchte ich auf jeden Fall dem Fußball verbunden bleiben.

Ist es ein Vorteil für Werder, dass die Bayern eine Woche später noch das Champions-League-Finale spielen?

Nein. Wenn einer von denen jetzt abfällt, ist er vielleicht in Madrid schon raus aus der Mannschaft. Deshalb werden die Bayern richtig Gas geben. Der DFB-Pokal ist auch ein wichtiger Titel, die werden einen Teufel tun und sich da schonen. Wenn ich da noch spielen würde, würde ich Vollgas geben, um im Champions-League-Finale dabei zu sein.

Sie waren 2005 mit dem FC Bayern Pokalsieger. War der Triumph 2009 mit Werder intensiver?

Das Double 2005 mit den Bayern war eines der tollsten Erlebnisse meiner Karriere, aber in München ist es fast schon normal. Deshalb bedeutet so etwas in Bremen noch mehr.

Warum war die Rückkehr zu Werder die richtige Entscheidung?

Weil ich mich bei Bayern nicht wohlgefühlt habe! Weil der Wohlfühlfaktor mir mehr bedeutet als Geld oder andere Dinge. Und das habe ich niemals bereut.

An welches Pokalfinale haben Sie die intensivsten Erinnerungen?

Ganz klar an 1999. Es war eine Saison mit Werder, in der fast alles schiefgelaufen war. Wir hatten mehrere Trainer, haben uns erst kurz vor Saisonende unter Thomas Schaaf den Klassenerhalt gesichert. Und schließlich das Finale gegen den FC Bayern, der zuvor in der Champions League gegen Manchester verloren hatte. Niemand hat uns etwas zugetraut, aber wir haben gekämpft bis zum Umfallen.

Wer steht denn diesmal mehr unter Druck?

Wir nicht! Wir sind klarer Außenseiter und spielen gegen die beste Mannschaft Europas. Wir können mit einem Sieg eine tolle Saison krönen. Die Bayern haben so oder so eine ausgezeichnete Saison gespielt. Aber mich erinnert die Situation wieder an 1999: Alle reden nur von Bayern, alle reden nur vom Triple. Uns hat keiner auf dem Plan. Es gibt daher nichts Schöneres als einen Pokalsieg gegen die Bayern – aber auch nichts Schwierigeres.

Überrascht Sie das attraktive Spiel der Münchner unter Louis van Gaal?

Man muss ja auch mal sehen, was die Bayern dafür investiert haben: Robben und Ribéry haben zusammen 50 Millionen gekostet, Gomez 30 Millionen. Es wäre traurig, wenn dann keine Qualität vorhanden wäre. Von den Finanzen her sind die Bayern die klare Nummer eins. Umso erstaunlicher ist doch, was wir Woche für Woche mit Werder auf die Beine stellen.

Warum sind die Bremer so eine ausgesprochene Pokalmannschaft?

Vielleicht macht es einfach Spaß, in Berlin zu spielen, viele Spieler haben das vor einem Jahr das erste Mal erlebt. Man muss auch ehrlich sagen, dass wir diesmal enorm viel Glück mit der Auslosung hatten, trotzdem muss man da erst mal durchmarschieren. Im Vorjahr war der Weg mit Spielen in Dortmund, Wolfsburg und Hamburg viel härter. Für uns ist es eine Riesenaufgabe, den Titel zu verteidigen; das ist seit Wochen in unseren Köpfen.

Was ist denn geplant, wenn Werder wieder den Pokal gewinnt?

Wir gehen auf eine Veranstaltung vom Verein, das ist in Ordnung, die gesamte Werder-Familie will daran ja teilhaben. Was danach noch passieren würde, entscheiden wir spontan.

Und dann nehmen Sie den Pokal mit aufs Zimmer?

Den können gerne andere haben. Die Jungen zum Beispiel, Philipp Bargfrede, der hätte sich das verdient. Oder Marko Marin – die können sich den Pokal gerne mit aufs Zimmer nehmen, sie müssen ihn nur am nächsten Morgen wieder mitbringen.

Das Gespräch führte Frank Hellmann.

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