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Sport: Politik der kleinen Schritte

Vor einem Jahr wurde die Nationale Anti-Doping-Agentur mit viel Pathos gegründet – die erste Bilanz fällt eher nüchtern aus

Sie prophezeiten eine Revolution im nationalen Kampf gegen das Doping. Die Redner präsentierten sich jedenfalls in Form, als die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) in einem feierlichen Festakt am 15. Juli 2002 gegründet wurde. „Größer, professioneller, effektiver“ als die Vorgängerin, die Anti-Doping-Kommission (ADK), werde die Nada arbeiten, prognostizierte ADK-Chef Ulrich Haas optimistisch. Bundesinnenminister Otto Schily sprach von einem „großen Schritt“ im institutionellen Kampf gegen das Doping.

Noch pathetischer gar gerieten die Worte Manfred von Richthofens: „Heute ist ein großer Tag des deutschen Sports im Kampf gegen die Seuche Doping”, sagte der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) vor einem Jahr, „Die Sätze klangen euphorisch, dabei war der Start alles andere als optimal: Das ursprünglich auf 40 Millionen Euro angelegte Stiftungskapital war nämlich auf kümmerliche 6,6 Millionen zusammengeschmolzen. Nicht nur die Gründungsstifter Bund, Länder, das Nationale Olympische Komitee für Deutschland (NOK), der DSB und die Deutsche Sporthilfe hatten teilweise ihre finanziellen Zusagen revidiert. Auch die Wirtschaft zeigte sich eher zurückhaltend.

Allein die Deutsche Telekom und die Deutsche Bank beteiligten sich von Beginn an mit jährlich 50 000 Euro an der Nada. Sparen musste die Kommission dennoch seit ihrer Gründung. Letztlich war selbst Vorstandschef Peter Busse, einst Direktor bei der Gauck-Behörde, überrascht davon, wie schwierig es war, die Nada auf den Weg zu bringen.

Büroräume noch nicht eingerichtet

Erst dauerte es bis zum 22. November, bis alle Bundesländer die Genehmigung zur Stiftung erteilt hatten, „solange waren wir sowieso nicht handlungsfähig“, sagt Busse. Dann zog sich die Renovierung der schmucken Gründerzeit-Villa in der Bonner Heussallee 38 bis in den Januar hin, überhaupt war die folgende Einrichtung des Hauses „angefangen vom Bleistift“, laut Busse, mit „ganz erheblichen Schwierigkeiten“ verbunden. Noch heute wirken einige Büroräume recht provisorisch eingerichtet. Daher bittet der Vorstandschef auch um Milde bei der Beantwortung der Frage, was die Nada wohl verändert haben mag seit ihrer feierlichen Einrichtung vor einem Jahr? Die Bilanz fällt schwer.

„Wir haben ja erst im Februar mit dem operativen Geschäft begonnen“, sagt auch Roland Augustin, seit Beginn des Jahres Geschäftsführer der Nada. Der 40-Jährige, der seinen Job als Abteilungsleiter beim renommierten Deutschen Teppichforschungsinstituts in Aachen aufgab, hat sich nach Ansicht Busses „schnell und vorbildlich“ in die unübersichtlichen Strukturen des deutschen Sports eingearbeitet. „Wir wussten“, sagt Busse, „dass es ein Risiko war, jemand zu nehmen, der nicht aus dem organisierten Sport kam“, der Vorstand aber habe keine Rücksicht nehmen wollen auf mögliche Abhängigkeiten.

Augustin zufolge funktioniert die Kernaufgabe, die Abwicklung der Trainingskontrollen, die offiziell seit dem 30. Juni in den Händen der Nada liegt, bereits „weitgehend reibungslos“. Und trotz aller infrastrukturellen Probleme seien auch die Arbeitsgruppen für die Bereiche Medizin/Analytik, Prävention und Recht „bereits ins Leben gerufen“. Vier hauptamtliche Mitarbeiter sind eingestellt, nur die ausgewählte Juristin – nicht gerade der unwichtigste Job – hat abgesagt, dieser Posten ist nach wie vor vakant.

Das nächste Ziel, das bis 2004 verwirklicht werden soll, ist nun die Übernahme der Wettkampfkontrollen, die bislang jeder Sportverband selbst organisiert und bezahlt. Busse und Augustin wissen, wie diffizil diese Aufgabe ist, denn längst nicht alle Verbände sind kooperativ – schon aus finanziellen Gründen nicht.

Augustin hat bereits viele Gespräche mit Sportfunktionären geführt, das ist immer auch harte Überzeugungsarbeit, und Busse hofft auf die Vorreiterrolle der Spitzenverbände. Wenn diese erst einmal angefangen hätten, würde sich der Druck auf andere Verbände automatisch erhöhen. „Dieses Jahr kommen wir gerade so hin“, sagt Busse und hofft deshalb, dass nach der Zusage der Sportartikelfirma Adidas noch weitere Unternehmen den Anti-Doping-Kampf unterstützen. Zwei weitere Partner möchte Augustin noch hinzugewinnen. Das wäre schon ein Erfolg.

Schlechter Stil

Vor der Stiftungsgründung war die Wirtschaft von DSB-Präsident von Richthofen und Innenminister Schily zu einer Beteiligung aufgefordert worden. Die finanzstarken Adressaten empfanden indes den Ton der Aufforderung als unangemessen, einige sprachen gar von einem „unverschämten Stil“. An dieser Altlast trägt die Nada noch immer.

Der Stil des Geschäftsführers Augustin hingegen wird mit Wohlwollen aufgenommen: „In sehr sachlicher und sauberer Form“, findet etwa Meinolf Sprink, der Sport-Beauftragte der Bayer AG, versuche nun die Nada, ihr Paket an den Mann zu bringen. Eine kleine Revolution ist also doch vonstatten gegangen.

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