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Cristiano Ronaldo steht mit Portugal im Halbfinale.

© AFP/Bertrand Langlois

Portugal im EM-Halbfinale: Cristiano Ronaldo hat zum Sieg wenig beigetragen

Ronaldo steht mit Portugal im Halbfinale, er kann in seinem siebten Turnier seinen ersten Pokal holen. Doch beim Polen-Spiel fehlte dem Star die Bindung zu seinen Mitspielern.

Cristiano Ronaldo stand schräg sechs Meter hinter seinen Mannschaftskollegen an der Mittellinie. Als der entscheidende Elfmeter für Portugal ins Tor ging, riss er zunächst allein die Hände in die Höhe. Ronaldo steht mit Portugal im Halbfinale dieser EM, er kann in seinem siebten Turnier seinen ersten Pokal holen. Genau davon sangen die portugiesischen Fans in Marseille zur Melodie von „Bad moon rising“: „O Ronaldo levanta a taca“, Ronaldo werde den Pokal in Frankreich hochhalten.

Sein Laufstil - als würde er auf 'nem Gaul sitzen

Der Besungene stolzierte zum Anpfiff entschlossen auf den Rasen, um den Text in die Realität umzusetzen. Sein Laufstil wirkte wieder so, als habe er seinen Gaul nur kurz in der Kabine angebunden und suche nun den nächsten Saloon. Trainer Fernando Santos bot Ronaldo auf der halblinken Angriffsseite auf, wo dieser jedoch schon von der ersten Minute an abgeschnitten von der Außenwelt blieb.

Als Polen nach zwei Minuten zum 1:0 traf, reagierte Ronaldo auf seine ganz eigene Art. Er schlug mit der Faust in die Hand, dann zuckte sein Handrücken durch die Luft, eine abwertende Geste gegenüber den indisponierten Verteidigern.

Die wegwerfende Rentnergeste bestimmte Ronaldos Habitus in der Anfangsphase. Über die linke Seite waren die Portugiesen passiv, Adrien Silva stand hinter Ronaldo viel zu tief. Nach zehn Minuten wechselte Ronaldo ins Zentrum, ohne darüber eine Ratsversammlung einzuberufen. Nani verschob dafür nach links.

Doch der Ortswechsel verschaffte Ronaldo nicht viel mehr Freude. Die polnischen Innenverteidiger Kamil Glik und Michal Pazdan gaben wie schon im gesamten Turnier den Part der kompromisslosen Türsteher.

Ronaldo stand viel außerhalb der Scheinwerfer

In der 30. Minute ging ihr Einsatz allerdings zu weit: Pazdan stieß Ronaldo im Strafraum um, der fällige Elfmeterpfiff blieb allerdings aus. Ansonsten stand Ronaldo außerhalb der Scheinwerfer. Das 1:1 der Portugiesen erzielte Renato Sanches mit einem Distanzschuss. Ronaldo umarmte ihn kurz protokollarisch, stapfte dann ungerührt zum Mittelkreis.

Auch sportlich fehlte dem Star die Bindung zu seinen Mitspielern. Mit gerade einmal 23 Ballkontakten hatte er in der ersten Halbzeit die wenigsten aller portugiesischen Feldspieler. Immer wieder täuschte er mit kurzen Schritten in Richtung des Balles seine Bewacher, um dann in deren Rücken zum Sprint in die offenen Räume anzusetzen. Allein: Die portugiesischen Mittelfeldspieler waren nicht in der Lage, diese Räume zu bespielen. In solchen Momenten wird klar, warum Ronaldo seinerzeit den Weggang seines Mitspielers Mesut Özil von Real Madrid öffentlich beklagte.

Wenig Übersicht, wenig in Tornähe

Er selbst aber ließ gegen Polen auch die nötige Übersicht vermissen. So setzte er einen Schuss ans Außennetz, als ein Zuspiel in die Mitte vielversprechender gewesen wäre. Die polnischen Fans verhöhnten ihn sogleich mit „Messi, Messi“-Sprechchören. Vier Minuten später trat er im Strafraum über den Ball – es sollte für lange Zeit das letzte Mal gewesen sein, dass ihn Augenzeugen in Tornähe sahen.

Er stützte oft die Hände in die Hüften und sah den Bemühungen seiner Mitspieler zu. Die Bälle flogen über Ronaldo hinweg, als sei er zufällig in ein Völkerballspiel hineingeraten. Fünf Minuten vor dem regulären Ende fabrizierte er dann ein weiteres Luftloch vor dem Tor. In der Verlängerung konnte er eine Hereingabe nicht kontrollieren. In der 109. Minute wich er einem heranstürmenden Flitzer aus. Es blieb seine einzig nennenswerte Aktion vor dem Elfmeterschießen. Das Tor war sein wichtigster Beitrag zum Erreichen des Halbfinales.

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