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Zwei für Hamburg. Armin Veh (links, als Trainer) und Bastian Reinhardt (rechts, als Sportvorstand) sollen den HSV wieder in erfolgreichere Zeiten führen. Foto: ddp

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Sport: Praktikant als Vorstand

Der Hamburger SV überrascht mit der Beförderung von Bastian Reinhardt zum neuen Sportchef – und mit der Verpflichtung von Trainer Armin Veh

In den letzten Monaten werkelte Bastian Reinhardt noch fleißig als Praktikant. Weil der Fußballprofi verletzt war, schrieb er Beiträge für die Presseabteilung des Hamburger Sport-Vereins. Unter der Rubrik „Basti Backstage“ kommentierte er alles, was sich rund um den Klub ereignete. Auch gestern dürften viele HSV-Anhänger die „Praktikantenkolume“ rege frequentiert haben, schließlich hatten sich die Ereignisse überschlagen: Nicht Favorit Nico-Jan Hoogma, sondern Reinhardt selbst war am Pfingstmontag zur Überraschung der Fachwelt bis 2012 zum Sportvorstand des Traditionsklubs gewählt worden. „Die letzten Tage waren turbulent“, sagte Reinhardt, der 132 Mal das HSV-Trikot trug, bei seiner Vorstellung.

Gleichzeitig präsentierte der zuletzt von Krisen geschüttelte Verein mit Armin Veh einen neuen Trainer, der ebenfalls einen Vertrag bis 2012 erhält. Auch diese Personalie kam unverhofft. Zuletzt waren mit Bernd Schuster und Kevin Keegan, der als Ex-HSV-Profi hohes Ansehen in der Stadt genießt, prominente Kandidaten gehandelt worden. Veh, der zuletzt beim VfL Wolfsburg die Erwartungen nicht erfüllte, hat sich offenbar hohe Ziele gesetzt. „Es ist eine ähnliche Konstellation wie 2007 beim VfB Stuttgart“, sagte Veh. Auch dort habe man sich, da international nicht qualifiziert, auf Meisterschaft und Pokal konzentrieren können. „Und mit Horst Heldt gab es einen neuen Manager, der direkt aus der Mannschaft kam.“ 2007 wurde Veh bekanntlich Meister mit den Schwaben.

Spektakulärer als der neue Trainer des HSV allerdings ist die Ernennung Reinhardts: Vom Praktikanten zum Vorstand, das ist ein Aufstieg, der viele Fragen provoziert. Zum Beispiel die, wie oder besser gesagt ob er sich gegen den machtbewussten Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann und dessen Vertraute Katja Kraus behaupten kann. Reinhardts Vorgänger Dietmar Beiersdorfer hatte im Sommer 2009 nach langen Kontroversen mit Hoffmann entnervt aufgegeben. An dem Vorurteil, nun von Hoffmann gleichsam als Marionette geführt zu werden oder in wichtigen Fragen ausmanövriert zu werden, wird sich der Novize Reinhardt lange abarbeiten müssen.

Interessant dürfte auch das zukünftige Innenverhältnis zu Urs Siegenthaler sein, dem Scout des Deutschen Fußballbundes (DFB), der ab dem 1. August beim HSV angestellt ist und ebenfalls als Sportvorstand gehandelt worden war. „Reinhardt ist Sportvorstand, Siegenthaler ist Sportlicher Leiter“, ließ der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann wissen.

Juristisch betrachtet sei Reinhardt nun Siegenthaler gegenüber weisungsbefugt, erklärte HSV-Aufsichtsrat Horst Becker. Doch alle Akteure betonten, dass man „die Dinge im Team besprechen“ werde. Veh stellte jedoch schon mal fest, dass er die Spielphilosophie festlege. „Das entscheidet der Cheftrainer.“

Reinhardt präsentierte sich trotzdem selbstbewusst, als er von seiner sensationellen Beförderung berichtete. Am Donnerstag hätten drei Mitglieder des Aufsichtsrates, in dem laut Becker „die Idee geboren worden war“, mit ihm gesprochen. Pfingstmontag dann stand er dem Aufsichtsrat Rede und Antwort. „Offenbar war ich überzeugend, sonst hätte man mich nicht gewählt“, sagte Reinhardt. Einerseits zeigte sich der ehemalige Innenverteidiger demütig vor der Aufgabe. „Ich brauche viel Kraft und Zeit, um mich nun einzuarbeiten.“ Andererseits bekannte er, diesen Job immer in seinem „Karriereplan“ vorgesehen zu haben. Eigentlich aber habe er zunächst geplant gehabt, in der zweiten Mannschaft des HSV den jungen Profis Erfahrungen weiterzugeben.

Horst Becker flehte geradezu, den neuen Sportvorstand erst einmal arbeiten zu lassen. Er trage die HSV-Raute im Herzen und sei immer gradlinig aufgetreten, das spreche für Reinhardt, so der Aufsichtsratchef. „Wir sollten ihm eine Chance geben.“

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