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Gemeinsame Zukunft? Trainer Jens Keller (l.) und Jungstar Julian Draxler. Foto: AFP

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Sport: Pressing im Nebel

Keller oder Effenberg? Beim FC Schalke ist die Trainerfrage weiter offen – Julian Draxler steht vor seiner Vertragsverlängerung.

Gelsenkirchen - Jens Keller hat sich mittlerweile eine spürbare Gelassenheit in dieser Frage zugelegt. „Ich erledige meine Arbeit, alles andere kann ich nicht beeinflussen. Dafür sind andere zuständig“, sagt der Trainer des FC Schalke 04 und wiederholt diese Statements gebetsmühlenartig, wann immer er auf seine Situation angesprochen wird. Keller wirkt dabei deutlich weniger angespannt als noch vor ein paar Wochen. Und dies, obwohl es um nichts weniger als die berufliche Zukunft des 42-Jährigen geht. So kurz vor dem Saisonende ist in Gelsenkirchen noch immer nicht geklärt, wer ab Sommer den Trainerposten inne haben wird. Bleibt Jens Keller, oder wird es doch ein anderer?

Keller ist es mittlerweile offenbar leid, sich emotional auf dieses Thema einzulassen. Wohl auch, weil keine andere Personaldebatte derzeit von den Verantwortlichen so nebulös geführt wird wie diese. Manager Horst Heldt unterlässt es tunlichst, ein öffentliches Bekenntnis zu Keller abzugeben. „Jens erledigt seine Aufgabe hervorragend“, sagt der Manager zwar. Doch für die Zukunft habe es „noch keine Entscheidung“ gegeben. Anders sieht es hingegen offenbar bei Julian Draxler aus. Der 19-Jährige steht kurz vor einer Vertragsverlängerung um weitere zwei Jahre bis 2018. Heldt dementierte am Donnerstag allerdings noch eine entsprechende vom Sender Sky Sport vermeldete Einigung.

Derweil ist Schalke in der Liga unter Interimscoach Keller auf dem besten Weg, die Qualifikationsrunde für die Champions League zu erreichen. Zudem hat der Trainer der Mannschaft eine neue Spielidee mit auf den Weg gegeben. Sie versucht mittlerweile ein frühes Pressing zu spielen und deutlich schneller von Abwehr auf Angriff umzuschalten. Keller hat die Schalker nach seiner Amtsübernahme im vergangenen Dezember in die Fußballmoderne geführt. „Ich glaube, dass der Trainer einen guten Job macht. Seitdem er da ist, haben wir viel gelernt“, sagt Kapitän Benedikt Höwedes stellvertretend für die Mehrzahl seiner Mitspieler.

Doch dies allein scheint den Schalker Verantwortlichen nicht zu genügen. „Leider Gottes ist es mittlerweile so, dass die fachliche Kompetenz nur noch sehr wenig wert ist. Ist er ein Medienmann oder ist er kein Medienmann?“, sagt Horst Heldt. Einer, der das Medienfach deutlich besser beherrscht als der in der Öffentlichkeit recht unscheinbar wirkende Keller, ist Stefan Effenberg. Der 44 Jahre alte ehemalige Weltklassespieler ist zwar ein Novize im Trainergeschäft, würde allerdings für viel Aufmerksamkeit und einen erhöhten Glamourfaktor in Gelsenkirchen sorgen. „Natürlich beschäftigen wir uns auch mit anderen Trainern, und da ist auch der Stefan ein Kandidat“, sagt Heldt. Schließlich geht es im Unterhaltungszirkus Bundesliga schon lange nicht mehr allein um den sportlichen Erfolg. Auch in der Kategorie Attraktion stehen die Schalker in Konkurrenz zu München, wo Trainerstar Pep Guardiola künftig im Mittelpunkt stehen wird. Und nicht zuletzt zum ungeliebten Nachbarn in Dortmund, wo Jürgen Klopp seit einigen Jahren wortreich die Geschicke seines Klubs dirigiert. Zumindest auf diesem Gebiet wären die Schalker dann ebenbürtig.

Die Lösung Effenberg würde wohl auch den Vorstellungen von Clemens Tönnies nahekommen, der einst mit Oliver Kahn verhandelte und nahezu im Alleingang Felix Magath nach Schalke holte. Der Aufsichtsratschef hat ein Faible für große Namen. Gerade der Boulevard, zu dem Tönnies eine gewisse Nähe nachgesagt wird und der in Schalke in den vergangenen Jahren immer eine einflussreiche Rolle gespielt hat, lässt keine Gelegenheit aus, Effenberg zu protegieren. Der Kandidat selbst hält sich geschickt aus den Diskussionen heraus und verzichtet bisher auf jegliche interpretierbare Stellungnahme.

Mit einem Sieg am Samstag gegen den VfB Stuttgart würden alle Schalker ihrem Saisonziel einen großen Schritt näherkommen, vielleicht können sie es bei günstiger Konstellation auch bereits erreichen. Dass sich der Schalker Nebel dann endlich lichtet, darauf dürfte wohl vor allem Jens Keller hoffen.Jörg Strohschein

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