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Sport: Probleme mit der Zirkulation

Der HSV spielt sich unaufhaltsam in die Krise

Thomas Doll ließ sich durch die Frage nicht aus der Ruhe bringen. Nach der 0:1 (0:0)-Niederlage bei Borussia Dortmund wollte jemand von ihm hören, wie es denn in ihm aussehe, da er doch jetzt wohl die schwersten Stunden seiner noch jungen Trainerlaufbahn erlebe. „Ach, wissen Sie“, hat der Trainer des Hamburger SV da geantwortet, „man hat mich nicht himmelhoch jauchzend durch Hamburg laufen sehen, als wir unsere Erfolge gefeiert haben. Man wird mich jetzt auch nicht zu Tode betrübt erleben.“

Doll redet mit fester Stimme, er klingt überzeugend, von Verzweiflung keine Spur. Dabei sprechen derzeit die Zahlen gegen den HSV: Acht Pflichtspiele hat der Traditionsklub von der Elbe in dieser Saison bestritten, keines davon wurde gewonnen. Zuletzt gab es in einer Woche drei Niederlagen in drei Wettbewerben. Erst das Pokal-Aus bei den Stuttgarter Kickers, dann die Champions-League-Niederlage gegen Arsenal London und nun das 0:1 in Dortmund durch das Tor von Christian Wörns (82.). Zu dieser dürftigen Bilanz kommen in der Bundesliga für den HSV drei Unentschieden hinzu. Der holprige Saisonstart wird langsam zur handfesten Krise.

Thomas Doll fordert, man müsse jetzt im nächsten Spiel „die Arme hochkrempeln und gegen Werder Bremen die Trendwende schaffen“. Ein anspruchsvolles Vorhaben, denn auch in Dortmund boten die Hamburger eine Vorstellung mit wenig Unterhaltungswert. Die Ursachen für den Durchhänger sind vielfältig und wohl am signifikantesten festzumachen an einer Szene, die sich im letzten Spiel der vorigen Saison zugetragen hat, als der Stürmer Ailton gegen Werder das Kunststück fertig brachte, den Ball völlig freistehend aus vier Metern am linken Pfosten vorbeizuschieben, anstatt ihn ins Tor zu lenken. Ein Treffer hätte für den HSV den direkten Weg in die Champions League geebnet. So ist, wie Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer in Dortmund ausführte, „durch die fehlende Planungssicherheit der ein oder andere Transfer nicht zustande gekommen“. Mit der Folge, dass die Hamburger die Saison nun mit Eins-B-Personal bestreiten müssen. Vor allem in der Offensive haben die Topkräfte einen Bogen um die Hansestadt gemacht. Anstatt – wie erhofft – internationale Spitzenleute anzulocken, hat der HSV Boubacar Sanogo vom Absteiger Kaiserslautern geholt sowie den beim VfB Stuttgart in Ungnade gefallenen Danijel Ljuboja. Beide Stürmer bemühten sich beim BVB redlich, doch es fehlen, wie Beiersdorfer anmerkte, „die Leute, die zur rechten Zeit mal die Situationen ausspielen und das Tor machen“.

In der Abwehr macht sich der Weggang von Daniel van Buyten (zum FC Bayern) und Khalid Boulahrouz (zum FC Chelsea) bemerkbar, im Mittelfeld fehlt der verletzte Spielmacher Rafael van der Vaart. Das Ergebnis ist eine spielerische Armut. Beiersdorfer mochte in Dortmund dem Team, zwar „den kämpferischen Willen nicht absprechen“, doch Doll hat erkannt, „dass wir fußballerisch zu wenig bieten. Gerade wenn wir in Ballbesitz sind, gibt es bei uns kaum Ballzirkulation.“ Einen Ausweg aus der Krise weiß Doll auch. Er sagt: „Wir müssen jetzt Männer sein, die zusammenrücken und den Karren aus dem Dreck ziehen.“

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