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Sport: Prominenter Sanierungsfall

Der verschuldete LTTC Rot-Weiß muss beim Leistungssport drastisch sparen

Berlin - Das Gebäude ist nicht besonders groß, es ist ja auch nur das Pförtnerhäuschen des Tennisclubs Rot-Weiß. Aber groß genug für ein kleines Sportgeschäft. Und genau dafür wird es genutzt, nach den German Open, dem größten Damen-Turnier in Deutschland. Die German Open beginnen morgen, sie dauern bis nächsten Sonntag, dann kommt Geld. 3000 Euro Miete für die gesamte Sommersaison, zahlbar vom Inhaber des Sportgeschäfts an den LTTC Rot-Weiß.

Josef Minderjahn muss karg lächeln bei dieser Summe. „Das ist nicht viel“, sagt er, „aber es ist immerhin etwas.“ Er kann jeden Cent gebrauchen, schließlich hatte er vor kurzem den Klubmitgliedern bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erklärt, dass im aktuellen Etat des LTTC Rot-Weiß eine kurzfristige Liquiditätslücke von rund 880 000 Euro klaffe. Damit hatte er nicht gerechnet, als er im Januar zum neuen Rot-Weiß-Vorsitzenden gewählt wurde.

Aber der Unternehmensberater ist fest entschlossen, den Verein finanziell zu sanieren. „Wir haben 20 Jahre lang mehr ausgegeben als wir eingenommen haben“, sagt er. Der Verein, der zur ersten Adresse im deutschen Tennis gehört und die German Open ausrichtet, ist für Minderjahn „ein Sanierungsfall“.

Allein Lieferanten hatten noch Forderungen von insgesamt 200 000 Euro, die Rückzahlung von 297 000 Euro Mitgliederdarlehen stand ebenso an. Mit einem Kraftakt konnte Minderjahn bei der Mitgliederversammlung die Lücke erst mal schließen. Diverse Mitglieder verzichten bis 2011 auf die Rückzahlung ihrer Darlehen, zudem muss jeder Rot-Weiß-Angehörige eine Umlage in Höhe von 45 Prozent seines Jahresbeitrags bezahlen. Ein Mitglied wandelte sogar ein 155 000-Euro-Darlehen in eine Spende um. Bleiben aber immer noch rund 1,9 Millionen Euro langfristige Verbindlichkeiten. Früher glänzend dotierte Bundesliga-Spieler, 700 000 Euro Renovierungskosten für das Klub- und Garderobenhaus, ein Schwund von 500 Mitgliedern seit 1995 (aktuell: 1240 Mitglieder), das alles sind die Gründe für die finanzielle Situation.

Doch Minderjahn möchte, „dass Rot-Weiß im nächsten Geschäftsjahr einen Gewinn macht.“ Und dafür wird sich beim Klub einiges ändern. „Wir werden den Leistungssport drastisch zurückfahren.“ Die Verpflichtung von auswärtigen, teuren Spielern für die Spitzenteams – ab 2008 gestrichen. Früher geht es nicht wegen gültiger Verträge. Der sportliche Abstieg wird in Kauf genommen. Der neue Cheftrainer, der ab 1. April einen gut dotierten Vertrag mit dem Klub erhalten sollte, gibt jetzt als Selbstständiger seine Stunden. Mit diesen Maßnahmen, sagt Minderjahn, würden 200 000 Euro eingespart. Wer als Jugendlicher bei Rot-Weiß ausgebildet wird und später den Klub verlässt, der kann sich darauf einstellen, dass er Ausbildungskosten zurückzahlen muss. „Wir haben irre Energiekosten“, sagt Minderjahn auch, also lässt er prüfen, wie man effektiv sparen kann. Vor allem aber achtet er auf das Image des Vereins. Lieferanten, die lange ihrem Geld hinterherlaufen, geben ein verheerendes Bild ab. „Rechnungen müssen wieder innerhalb der üblichen Fristen bezahlt werden“, sagt er.

Wenn er über die Vergangenheit redet, dann wird er ziemlich deutlich, jedenfalls intern. „Kein weiteres Beschönigen“, „ein realistischeres Budget“, „unbedingte Offenheit“, das sind Kernaussagen Minderjahns zu seiner Amtsführung. Das zielt natürlich auch auf Hans-Jürgen Jobski, den früheren Präsidenten, der Anfang Januar zurücktrat, weil er bei der Wahl zum Vorsitzenden im Klubausschuss sieben Gegenstimmen erhielt. Der Notar Jobski sagt: „Ich bin ein Mann der positiven Darstellung. Ich wollte den Verein nicht als verarmt darstellen.“ Und dann sagt er, dass er durch den Verkauf von 3000 Quadratmeter Bauland die Schulden immerhin um zwei Millionen Euro gesenkt habe. Aber er gibt auch zu, „dass ich nicht in der Lage war, die Liquiditätslücken zu reduzieren“.

Vielleicht helfen ja die Katari, denen die German Open jetzt gehören. Die hätten durchaus Interesse, bei Rot-Weiß finanziell einzusteigen, sagt Jobski, „weil sie den Klub auch zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt machen wollen“. Verhandlungen laufen. Auch Minderjahn hofft auf die Katari als Einnahmequelle. Die bezahlen dafür, dass sie das Turnier auf dem Gelände austragen dürfen. Der Klubchef hofft, dass dieser Betrag in Zukunft höher als bisher ausfällt.

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