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Paulo Rink, 40, war einst Stürmer in Leverkusen, Nürnberg und Cottbus. Der eingebürgerte Brasilianer lief 13 Mal für Deutschland auf. Seit 2012 ist Rink Stadtrat in seiner Heimat Curitiba.

© picture-alliance / dpa

Protesten in Brasilien: Paulo Rink: "Wir Politiker sollten transparenter werden"

Der frühere deutsche Nationalspieler Paulo Rink sitzt heute im Stadtrat in seiner Heimat Curitiba. Im Interview spricht er über die Proteste im Gastgeberland der WM 2014 und seine Arbeit im WM-OK.

Herr Rink, Sie sind Stadtrat von Curitiba. Wie erleben Sie als Politiker die Proteste derzeit in Brasilien?

Solange alles friedlich bleibt, finde ich die Proteste gut. Aber wenn Leute randalieren und die Stadt verwüsten, bin ich total dagegen. In Curitiba, wo ich Stadtrat bin, gab es leider einige Probleme, eine Bank wurde demoliert und einige Geschäfte. So etwas gibt es hier normalerweise nicht.

Worin sehen Sie die Gründe?

Zunächst ging es um die Erhöhung der Buspreise, aber mittlerweile geht es um Transparenz. Und die Leute fordern, dass mehr in Bildung und Gesundheit investiert wird, wie zum Beispiel in Deutschland.

Wie reagiert die Politik darauf?

Es ist schon was passiert, der Buspreis in Curitiba ist wieder gesunken, um 15 Centavos. Das ist ein Sieg der Proteste.

Wo kommt das Geld her?

Wir haben im Stadtrat zehn Millionen Reais dafür bereitgestellt. Sechs Millionen davon haben wir aus dem Werbebudget für die WM genommen, dafür habe ich als Chef des örtlichen WM-Organisationskomitees mein Okay gegeben.

Hat es geholfen?

Die Leute protestieren weiter. Aber es war erst einmal ein richtiger Schritt. Wir Politiker sollten mehr machen, transparenter werden. Wenn ich einen Fehler mache, soll das auch herauskommen. Aber ich bin nicht für die Vergangenheit verantwortlich, sondern für die Zukunft und meinen Bereich. Da muss sich auch die Regierung bewegen.

Beeinflussen die Proteste den Confed-Cup und die WM-Vorbereitungen?

Die Spiele gehen ja trotz der Proteste weiter. Die Stadien sind nicht ganz ausverkauft, aber die Zuschauerzahlen sind hoch. Die Leute geben ja nicht dem Fußball die Schuld, sie lieben den Sport. Aber sie sind auch nicht dumm, sie sehen: Wenn so viel Geld für die WM da ist, dann sollte auch Geld für Krankenhäuser und Schulen da sein.

Wie sind Sie als ehemaliger Fußballer überhaupt in die Politik gekommen?

Ich schnuppere gerade in die Politik hinein. Über die Aufgabe als OK-Präsident bin ich dann in den Stadtrat gekommen.

Wie sieht Ihr Alltag als Politiker sonst aus?

Wir sind 38 Stadträte und helfen dem Bürgermeister bei Entscheidungen. Curitiba ist eine Zwei-Millionen-Stadt, da müssen wir über Budgets abstimmen, für Krankenhäuser, für Straßen. Ich konzentriere mich auf die WM: ob es da Ferientage gibt, ob Straßen abgesperrt werden.

Werden die Stadien rechtzeitig fertig?

Ich bin da optimistisch. In Rio gab es Probleme, aber das Maracana-Stadion ist ja rechtzeitig zum Confed-Cup fertig geworden. In Curitiba bauen wir ja nicht neu, sondern nur um, da sind wir der Zeit voraus.

"In Brasilien bin ich dafür bekannt, als erster Brasilianer für Deutschland gespielt zu haben"

Hoffen Sie als früherer Nationalspieler, die deutsche Elf bei der WM wiederzusehen?

Ich habe schon meinen alten Freund Oliver Bierhoff kontaktiert und dem DFB Curitiba als Quartier angeboten. Es gibt hier in der Nähe eine große deutsche Gemeinschaft in Blumenau, das würde für beide Seiten Sinn machen. Aber der DFB will erst nach der Gruppenauslosung entscheiden, da will ich keinen Druck machen.

Haben Sie noch Ihren deutschen Pass?

Ja klar! Ich hatte ihn ja schon beantragt, bevor ich nach Deutschland gekommen bin, weil mein Großvater aus Heidelberg kam und ich dort vielleicht einmal studieren wollte. Dass ich für die deutsche Nationalmannschaft spiele, war nie geplant, aber ich bin trotzdem froh, dass es so gekommen ist.

Ihre Zeit als Nationalspieler war ja nicht gerade von Erfolgen gekrönt. Denken Sie trotzdem gerne an die Zeit zurück?

Leider war die Zeit nicht erfolgreich, aber ich bin stolz, das deutsche Trikot getragen zu haben. In Brasilien bin ich dafür bekannt, als erster Brasilianer für Deutschland gespielt zu haben, noch vor Cacau und Kevin Kuranyi. Ich gehe vorsichtig damit um, denn die Brasilianer lieben nur ihr eigenes Team, aber sie respektieren mich.

Fühlen Sie sich auch als Deutscher?

Ich habe großen Respekt vor Deutschland, habe viel gelernt über die deutsche Kultur und Geschichte, die Sprache spreche ich immer noch und bin noch oft dort. Hier in Brasilien kommt auch meine deutsche Seite durch.

Wie sieht die aus?

Die Leute schätzen, dass ich seriös bin und immer geradeaus, egal ob privat, in der Politik oder bei Atletico Paranaense, wo ich fünf Jahre Sportdirektor war.

Was trauen Sie den Deutschen 2014 zu?

Sie haben wieder eine gute Mannschaft mit Götze oder Özil. Ich glaube, sie können Weltmeister werden und drücke ihnen die Daumen.

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