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© dpa

Prothesen-Läufer: Große Bühne für Pistorius

Der behinderte Sprinter Oscar Pistorius darf beim Istaf starten - das gleicht einer Sensation. Doch das Urteil kann auch wieder aufgehoben werden.

Bastian Swillims redet erstmal nicht von Wettbewerbsvorteilen, er redet von Respekt. „Ich ziehe den Hut vor Oscar Pistorius, vor seiner Leistung“, sagt Swillims. Der Südafrikaner Pistorius lief unterschenkelamputiert mit Prothesen die 400 Meter in 46,56 Sekunden. Swillims, der gesunde Deutsche Meister über 400 Meter von 2007, hat eine Bestzeit von 45,44 Sekunden. Ob Pistorius durch die Prothesen einen Vorteil hat, das will Swillims nicht beurteilen. „Ich vertraue auf die Juristen.“ Die Richter vom Welt-Sportgerichtshof Cas haben festgelegt, dass Pistorius bei den Olympischen Spielen starten darf – wenn er sich qualifiziert. Beim Istaf am 1. Juni im Berliner Olympiastadion wird er auf jeden Fall antreten – die Veranstalter haben ihn eingeladen. Das Istaf ist das größte Leichtathletik-Meeting in Deutschland, eine große Bühne für den Südafrikaner also.

Allerdings gilt die Cas-Entscheidung zu Olympia allein für ihn, und sie gilt allein für die Prothesen, die im Institut für Biomechanik und Orthopädie bei der Deutschen Sporthochschule Köln untersucht worden sind. Das Urteil öffnet anderen Behindertensportlern keinen direkten Weg zu Olympia. Vor allem aber lässt das Cas ausdrücklich die Möglichkeit offen, dass das Urteil wieder aufgehoben wird. Dann nämlich, sagten die Richter, wenn sie eine Untersuchung haben, die deutlicher als die jetzige einen Wettbewerbsvorteil nachweise.

Und diesen Vorteil gibt es, das jedenfalls sagt der Biomechaniker Wolfgang Potthast. Er war an der Kölner Studie beteiligt. Die Forscher haben auftragsgemäß die Strecke zwischen etwa 80 und 250 Meter untersucht, in der die Läufer fast gleichbleibend schnell sind. Beim Abdruck vom Boden verlieren Läufer mit gesunden Sprunggelenken mehr Energie als sie anderweitig aufnehmen können. „Bei Pistorius ist das nicht so“, sagt Potthast. Zwischen 200 und 300 Meter beziehungsweise zwischen 300 und 400 Metern habe er zeitweise bessere Abschnittszeiten gehabt als Michael Johnson bei seinem Weltrekord (43,18 ).

Vor Gericht, sagt Potthast, der bei der Verhandlung war, sei gestritten worden, ob Pistorius insgesamt einen erkennbaren Vorteil habe. Dass er zeitweise einen Vorteil habe, sei allgemein unbestritten, die Frage sei nun gewesen, ob dieser Vorteil durch andere Nachteile, etwa beim Start, nahezu aufgehoben werde. Letztlich entschieden die Richter, es gebe zu viele Zweifel an der These, mit Prothese habe der Läufer einen klaren Vorteil.

Kamghe Gaba, Deutscher 400-Meter-Meister von 2006, hätte durchaus „ein eher komisches Gefühl, wenn ich gegen Pistorius laufen würde“. Was ist denn zum Beispiel auf den letzten 100 Metern? Da übersäuern die Muskeln, da läuft Gaba eine Sekunde langsamer als auf den anderen 100-Meter-Teilstrecken. „Diese Übersäuerung hat Pistorius ja in diesem Maße nicht.“ Istaf-Meetingchef Gerhard Janetzky denkt lieber ans große Ganze: „Wir würden als weltweit erstes Meeting in einem A-Lauf die Grenze zwischen behinderten und nicht-behinderten Sportlern aufheben.“

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