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Update

Rad-Zeitfahren: Zweimal Silber für Deutschland - Wiggins nicht zu schlagen

Die deutschen Straßenradfahrer Judith Arndt und Tony Martin haben am Mittwoch jeweils Silber geholt. Martin wurde dabei vom Briten Bradley Wiggins geschlagen, der sich nach dem Triumph bei der Frankreich-Rundfahrt nun auch Olympia-Gold sicherte.

Die Adern unter seinen spindeldürren Armen traten wie pralle Gummischläuche hervor, die Hände packten entschlossen den Lenker. Exakt um 15:07:30 Uhr wuchtete sich Bradley Wiggins von der Startrampe in der Einfahrt des Hampton Court Palace auf den Kurs, 50:39 Minuten und 44 Kilometer später war er wieder zurück vor dem alten Königssitz im Südwesten Londons. Und Olympiasieger. Für Tony Martin reichte es mit 42 Sekunden Rückstand zu Platz zwei. Es gab auf dem Weg zum Sieg auch für den kühlen Briten eine Schrecksekunde – nach sieben Kilometern lag Martin vier Sekunden vor ihm. Aber dann zog der Brite vorbei. „Mal ehrlich“, hatte Bradley Wiggins vor dem Rennen gesagt, „die Tour de France ist drei Wochen Bootcamp, das Zeitfahren heute für mich eine knappe Stunde Hölle.“ Bei den Erwartungen an den 32-jährigen Tour-Sieger verständlich. Wiggins hatte sein Ziel klar formuliert. „Gold oder nichts.“ So kam es. Und das Gold reichte, um den Radstar zum erfolgreichsten englischen Olympiateilnehmer aller Zeiten zu krönen. Sieben Medaillen (vier goldene, eine silberne und zwei bronzene) hat Wiggins jetzt im Schrank, eine mehr als der Ruderer Steven Radgrave.

Tour-Sieger, jetzt auch Goldmedaillengewinner: Der Brite Bradley Wiggins.
Tour-Sieger, jetzt auch Goldmedaillengewinner: Der Brite Bradley Wiggins.

© Reuters

Zeitfahren ist Treten mit Tunnelblick. Puls am Anschlag vom ersten Meter an, trotzdem volle Konzentration, um die Kurven so schnell wie möglich meistern zu können. Dazu kommt die Fähigkeit, sich so klein wie möglich gegen den Wind zu machen. Wiggins’ Sattel ist über 20 Zentimeter über dem Lenker, eine Haltung ähnlich des Schwimmers beim Startsprung und das mit eng angelegten Armen, die die Atmung behindern. Wiggins hat die Technik perfektioniert, fährt mit einem Stabilisator unter dem Trikot, der seine Hüfte ruhiger halten soll.

Auch für Tony Martin war dieser Tag der Lichtblick in einem bisher verkorksten Jahr. 2011 war der ausgebildete Polizist der unumstrittene Maitre der Zeitfahrer. Das einzige lange Zeitfahren der Tour de France am letzten Tag gewann Martin souverän, danach auch noch die WM in Kopenhagen. Dieses Jahr lief es dagegen, als hätte sich alles gegen ihn verschworen. Verletzungen, Stürze, Verletzungen: Martin schien vom Pech verfolgt. So ist die Silbermedaille für ihn ein großer Erfolg.

Ähnlich erging es Judith Arndt, die ein paar Minuten brauchte, ehe ein Lächeln über ihr Gesicht huschte. Daneben stand Kristin Armstrong und weinte – vor Freude. Die Amerikanerin war noch einmal gut 15 Sekunden schneller als die 36-jährige Weltmeisterin. Arndt war ebenso glücklich: Spätestens als sie nach zehn Kilometern an der vor ihr gestarteten Straßensiegerin Marianne Vos vorbeiflog, spürte sie, dass sie bei ihren fünften und letzten Olympischen Spielen ihre dritte Medaille gewinnen würde.

Jürgen Löhle

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