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Radsport: Laurent Fignon ist tot

Der zweifache Toursieger erlag seinem Krebsleiden

So unschlüssig war Laurent Fignon selten. Er könne nicht ausschließen, ob Doping etwas mit seiner Krebserkrankung zu tun habe, sagte Laurent Fignon in diesem Sommer. Da kommentierte er für das französische Fernsehen die Tour de France, die er 1983 und 1984 gewonnen hat. Dramatisch mit brüchiger Stimme, ein Tumor drückte auf seine Stimmlippe. „Deshalb höre ich mich so an. Ich hoffe, dass ich wieder gesund werde und die Stimme zurückkommt“, sagte der kahlköpfig gewordene Franzose den Millionen Zuschauern. „Ich habe meine Ärzte angewiesen, mir nicht mitzuteilen, wie hoch meine Überlebenschancen sind. Ich kämpfe weiter“, hatte Fignon vor dem Tour-Start erklärt. Er hat es nicht geschafft. Der an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankte Laurent Fignon ist im Alter von 50 Jahren verstorben.

„Er war ein außergewöhnlicher Champion, der Spuren in der Geschichte der Tour und des französischen Radsports hinterlassen hat“, sagte Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Vor einem Jahr hat Fignon seine Krankheit, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befand, öffentlich gemacht. Eigentlich wollte er an diesem Tag sein Buch vorstellen, es trägt den Titel „Wir waren jung und unbekümmert“. Bei diesem Termin sagte Fignon noch, er halte es für unwahrscheinlich, dass seine Dopingexperimente etwas mit dem Krebs zu tun haben. Eine Meinung, die Ärzte bestätigten.

Das Buch ist Zeugnis aus einer Welt des Radsports, in der laut Fignon noch alles anders war. Er schreibt von einer „Goldenen Ära“, und: vom „Schlusspunkt der Würde“. Solisten wie er, mit dem blonden Pferdeschwanz und der Nickelbrille, seinen in den Achtzigerjahren noch nicht im anonymen Peloton abgetaucht.

Das Buch beginnt, natürlich, mit den acht Sekunden. 1989 hat Fignon den Tour-Sieg im entscheidenden Zeitfahren um diese legendäre Winzigkeit verpasst, er wurde Zweiter hinter Greg LeMond, der ihn noch abfing. Diese Niederlage ist den meisten besser in Erinnerung als die beiden Toursiege Fignons. „Das ist zuviel für einen Menschen“, sagte Fignon im Ziel. Sein Comeback war trotzdem sensationell. In den Jahren zuvor hatte er mit Verletzungen, Misserfolgen und Krankheiten zu kämpfen gehabt.

Fignon ist immer so Rad gefahren, wie er sich sonst gab. Attackierend, impulsiv, kompromisslos. Nicht wenige fanden ihn arrogant. Mit nur 22 Jahren gewann er überraschend seine erste Tour, im Jahr darauf siegte er gleich noch einmal. Ohne Hilfsmittel, wie er sagte. 1987 wurde er dann positiv auf Amphetamine getestet, die habe er im Training ausprobiert, 1989 folgte ein weiterer positiver Test. Die Dosen und Medikamente, die damals laut Fignon üblich gewesen seien, „sind im Vergleich zur heutigen Praxis ein Witz, behaupteten die Ärzte“.

Fignon erlebte zum Ende seiner Karriere mit, wie eigentlich langsamere Profis plötzlich vorneweg fuhren. Es war die Zeit, in der das Blutdopingmittel Epo aufkam und alles veränderte. Vor Blutdoping habe Fignon Angst gehabt, ebenso vor Wachstunshormonen. „Die chemischen Exzesse verzerrten das Bild der Radsportwelt, erstickten die Noblesse von Volkshelden, ließen den Ruhm der Giganten der Landstraße in zweifelhaftem Licht erscheinen“, heißt es in dem Buch.

Losgelassen hat ihn der Radsport nie, nach seiner Karriere wollte er Rennen organisieren. Und fühlte sich ausgebootet von den mächtigen Veranstaltern, die einen unbequemen Kritiker kaltstellten. Danach wurde Laurent Fignon ein Kommentator, der sagte, worum es geht. Bis zuletzt.

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