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Sport: Rätseln in der Boxengasse

Die neuen Regeln der Formel 1 machen das Training schwieriger, das Rennen dafür spannender

Melbourne. Der Mann im hellblauen Hemd und der dunkelblauen Hose kann im Fahrerlager von Melbourne kaum einen Schritt alleine tun. Ständig ist er umlagert von Teammitgliedern, Fernsehleuten und Journalisten: So viel zu erklären wie beim Saisonauftakt der Formel 1 in Melbourne hatte der Renndirektor des internationalen Motorsportweltverbandes Fia, Charlie Whiting, lange nicht mehr. Ununterbrochen muss er Details der neuen Regeln erklären, die in den letzten Tagen in vielen Formulierungen noch einmal präzisiert, korrigiert und zum Teil leicht verändert wurden.

Auch einige gravierende Fehler mussten berichtigt werden. „So wie der Text ursprünglich formuliert war, hätten wir am Samstag ohne Benzin fahren müssen“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Möglicherweise stehen einige Änderungen auch noch bevor: So ist etwa im neuen Qualifying-Reglement zu lesen, dass sich die Fia das Recht vorbehalte, die jetzt bestehenden Bestimmungen noch einmal zu verändern, sollte sich das „in der Praxis als notwendig und angemessen erweisen“. Viele werten dies bereits als Eingeständnis dafür, die zum Teil hektisch aufgetischten neuen Regeln nicht ganz zu Ende gedacht zu haben.

Eines immerhin zeichnet sich schon nach dem ersten Trainingstag, der die Startreihenfolge für das samstägliche Qualifying festlegt, ab: Die wahren Kräfteverhältnisse der Teams lassen sich nun vermutlich an keinem der Trainingsergebnisse mehr ablesen. Durch das Nachtankverbot zwischen dem samstäglichen Qualifying und dem sonntäglichen Rennen gibt die Startaufstellung als Ergebnis des Samstagstrainings kein aussagekräftiges Bild mehr ab über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Autos und Piloten – sollte Michael Schumacher einmal mit wenigen Boxenstops im Rennen planen und daher mit vollem Tank ins Qualifying gehen, könnte auch Platz 20 für ihn noch Siegchancen beinhalten.

Darüber hinaus scheinen auch die Resultate des Freitagstrainings keine große Relevanz zu haben. Denn auch dieses bestreiten offenbar nicht alle Piloten mit leerem Tank, sprich mit einer minimalen Menge Benzin. Einige Fahrer deuteten an, etwa die Sauber-Piloten Nick Heidfeld (12.) und Heinz- Harald Frentzen (13.), dass auch am Freitag mitunter mit der für Samstag angedachten Spritmenge gefahren werde, um sich optimal auf die Bedingungen einstellen zu können, da samstags nur noch eine einzige Runde gefahren wird. Das sei sinnvoll, sagte Frentzen, „wenn dann am Samstag in einer Runde alles passen muss“. Der ehemalige Formel-1-Pilot Christian Danner pflichtete bei: „Ich würde es auf jeden Fall so machen. Hier in Melbourne zum Beispiel gibt es für die Benzinmenge am Start nur ein gewisses Fenster, um ein erfolgreiches Rennen fahren zu können. Und so viel, wie ich da plane, würde ich auch am Freitag im Tank haben.“

So haben sich schon einige Kritiker der neuen Regel gefunden. „Das Nachtankverbot ist der große Fehler“, sagt etwa BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen. „Die Idee mit den zwei Einzelzeitfahren war super, aber dieses Verbot macht alles kaputt.“ Nicht so dramatisch sieht dies Gustav Brunner, Konstrukteur bei Toyota: „Heute sind alle ganz leicht gefahren – bis auf Michael Schumacher.“ Der Ferrari-Pilot landete mit sieben Zehnteln Rückstand auf Teamkollege Rubens Barrichello, der Schnellster vor Kimi Räikkönen im McLaren war, auf Rang vier.

Ausgerechnet Schumacher jedoch betonte, er gehe davon aus, dass der Großteil aller Fahrer unter vergleichbaren Bedingungen unterwegs sei. Seinen Rückstand erklärte er mit einer „nicht besonders guten Runde“. Barrichello wollte seinen Vorsprung derweil nicht überbewerten, „letztlich werden wir bis nach dem Rennen warten müssen, bis wir eine Idee von den wirklichen Kräfteverhältnissen haben.“

Die BMW-Williams-Fahrer starteten ganz schlecht: Ralf Schumacher fuhr nach einem schweren Fehler auf Rang 16, Montoya auf Platz 10. Theissen hofft jetzt, dass die Fia tatsächlich reagiert und das Nachtankverbot möglichst bald wieder aufhebt. Gerüchten zufolge sind Änderungen nach den drei Überseerennen zu Saisonbeginn denkbar.

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