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Sport: Rallyefahrer Matthias Kahle mag zu viel Show nicht

Wie er so dasteht, ähnelt er einem Schachspieler. Der entspannte Blick, die Brille auf der Nase und dazu sein ruhiger Ton: Also ein Mensch, der scheinbar kein Wässerchen trüben kann.

Wie er so dasteht, ähnelt er einem Schachspieler. Der entspannte Blick, die Brille auf der Nase und dazu sein ruhiger Ton: Also ein Mensch, der scheinbar kein Wässerchen trüben kann. Doch Äußerlichkeiten können täuschen! Minuten später rast Matthias Kahle auf einem abgesperrten Terrain im Lausitzer Braunkohlenrevier über Stock und Stein. Die Reifen des Seat Cordoba quietschen, auch die engsten Kurven veranlassen ihn nicht zum Tritt auf das Bremspedal. In diesen Minuten präsentiert sich Kahle als ein völlig anderer. Und kaum ist dieser "Höllenritt" beendet, verwandelt er sich wieder zurück in seinen Ur-Zustand. "Es stimmt schon, ich spiele gern Schach. Das beruhigt die Nerven. Außerdem bin ich ja nur phasenweise Rallyefahrer", bestätigt der ab Sonnabend 31-jährige Görlitzer.

Zur Havellandrallye des ADAC Berlin-Brandenburg, die auch eine Wertungsprüfung morgen ab 17.21 Uhr auf der Trabrennbahn Mariendorf beinhalten wird, startet er wieder mit Beifahrer Dieter Schneppenheim. Sie ist der erste Lauf zur Deutschen Meisterschaft, die nach sieben weiteren Rennen im Oktober enden wird. Damit muss Matthias Kahle zufrieden sein, obwohl er eigentlich auch eine andere Dimension angestrebt hatte. "Ich bin ja schon froh über den neuen Vertrag, der mir das Seat-Cockpit bei Teamchef Erwin Weber eingebracht hat", erzählt der Meister von 1997 nach dreimonatiger Rallyepause. "Ich hatte leider keine zwei Millionen, nur dann wäre ein Werksvertrag möglich gewesen." Die Auswirkung dessen: Statt um die Weltmeisterschaft fährt Kahle "nur" um den nationalen Titel. Und statt der großen Stars wie Carlos Sainz, Richard Burns, Juha Kankkunen oder Didier Auriol heißen nunmehr seine Hauptgegner Armin Kremer oder Kristian Poulsen. Noch im vorigen Jahr war das für das Duo Kahle/Schneppenheim anders: In Neuseeland (7. Platz), Portugal (8.), England (10.) und Griechenland (Ausfall) brachte es einen Toyota an den Start. Aber seitdem sich der japanische Hersteller gänzlich aus der Rallye-WM zurückgezogen hat - voraussichtlich ab 2002 soll dafür das Werksengagement in der Formel 1 anstehen - folgte dem Aufstieg des Lausitzers ein herber Rückschlag.

"Gerade waren wir dabei, die internationalen Top-Kurse zu verinnerlichen, was für Spitzenränge unerlässlich ist, da war es schon wieder vorbei mit der Herrlichkeit. Aber, so ist eben der Rallyesport in Deutschland. Ohne Geld geht nichts, und im Osten Deutschlands findet sich schon gar kein großer Sponsor. Die finanziellen Dimensionen werden am Beispiel von Seat in Neufahrn ein wenig deutlicher. Jeder Testkilometer kostet etwa 320 Mark. 80 bis 100 werden allein in jedem Training gefahren. 1993, als Matthias Kahle mit einem Peugeot 205 sein Debüt in der deutschen Rallyetrophy gab, reichten ihm insgesamt noch 25 000 Mark. Diese Summe hatte er dank der Unterstützung durch viele Freunde aufbringen können. Danach ging es von Jahr zu Jahr mit hohem Tempo in der nationalen und internationalen Rallye-Hierarchie aufwärts. Bis zum Ende der vergangenen Saison ...

Dennoch, der Rallye-Renn-Club im ADMV Lausitz ist sehr stolz auf sein prominentes Mitglied. Ein schwacher Trost für Matthias Kahle, der zugibt, "bei Formel-1-Übertragungen regelmäßig einzuschlafen". "Alles zu viel Show", meint der besonnene Fahrer, dessen Motto lautet: "Ich möchte für den Sport leben, aber nicht dafür sterben." Was nicht heißen soll, dass er zukünftig langsamer fahren wird. Deshalb wäre auch die Wüstenrallye nichts für ihn. "Da fährt man nicht so schnell", sagt er. Matthias Kahle ist eben doch nur ein Hobby-Schachspieler.

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