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Sport: Ratlose Meister

In den USA beginnt die Ursachenforschung für die erneute Pleite beim Ryder Cup gegen Europas Golfer

Am Montag danach ist diese quälende Erkenntnis für die US-Golfstars wohl am schlimmsten gewesen: Alles ist beim Alten geblieben. Nichts hat sich verändert seit 2004. Es gab die gleich hohe Niederlage von 9,5:18,5, erneut das dumpfe Gefühl auf ganzer Linie versagt zu haben und schließlich auf dem Fernsehschirm immer wieder diese Bilder, die nichts anderes zeigen als Gegner, die aus jeder Entfernung wie selbstverständlich einputten. Kurzum: Der Ryder Cup ist zum dritten Mal in Folge an die Europäer gegangen – Amerika kann es nicht fassen.

Eine Reaktion, die so seltsam nicht ist. Mit der US-PGA-Tour hat Amerika die stärkste Profitour der Welt. Mit Tiger Woods, Phil Mickelson und Jim Furyk sind die drei Besten der Weltrangliste am Wochenende im K-Club in Dublin für die USA gestartet. Startrainer wie David Leadbetter, Hank Haney oder Butch Harmon haben ihre Golfschulen in den USA; nirgendwo sonst werden so viele Nachwuchsgolfer ausgebildet. Niemand würde bestreiten, dass Amerika die Nummer 1 ist, wenn es um den Golfsport geht.

Nur im Ryder Cup ist alles anders. Fünf der sechs letzten Matches haben die US-Teams verloren. An diesem Wochenende konnte keines der fünf Einzelsegmente aus vier Vierer-Partien und den Einzeln gewonnen werden. Wo auf europäischer Seite jeder Spieler bis zum Sonntag zumindest schon einen halben Punkt errungen hatte, kamen auf US-Seite fünf Spieler über drei Tage hinweg nicht über einen halben Punkt hinaus. Dass zu dieser Gruppe auch Phil Mickelson, David Toms und Chris DiMarco zählten, allesamt unter den besten 20 der Welt, gibt den Amerikanern zu denken. Die Ursachenforschung hat begonnen.

Die Schuld des Kapitäns Tom Lehman ist es – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hal Sutton – wohl diesmal nicht gewesen. Der Mann hat alles versucht, um aus zwölf Multimillionären ein Team zu schmieden. Fischen ist er mit ihnen gewesen, Lieder beim Barbecue hat er mit ihnen angestimmt, jeden Abend hat er im K-Klub eine Sitzung abgehalten. „Wir hatten zwei Regeln: Jeder muss zu jedem ehrlich sein und jeder spielt mit ganzem Herzen“, hat Lehman danach resümiert. Geholfen hat es nicht.

„Bei den Europäern sieht das aus, als wenn einer vom anderen leben würde“, rekapitulierte Tiger Woods das Geschehen. Mit dem Ergebnis, dass ihr Spiel irgendwie an Fahrt gewinne: „Sie treffen mehr Putts als wir. Wir haben die Putts auch dann nicht getroffen, als wir die Gelegenheit dazu hatten und damit der Sache eine Wendung hätten geben können. Ich habe mir die Highlights angesehen, und demnach hatten wir eine ganze Menge Chancen, die Stimmung zu drehen.“ Während Woods bei den letzten beiden Ryder Cups als großer Verlierer nach Hause ging, erwies er sich diesmal mit drei Siegen und zwei Niederlagen noch als der größte Punktelieferant. Kollege Phil Mickelson dagegen, reichlich geknickt und wenig gesprächig, hat beschlossen „in der Winterpause noch mehr das Putten zu trainieren als sonst“.

Überdenken wird man in den USA wohl auch das Qualifikationssystem, das in diesem Jahr Brett Wetterich, J.J. Henry, Vaughn Taylor und Zach Johnson auf Grund ihrer frühen Turniererfolge auf der US-Tour eine überraschende Ryder-Cup-Teilnahme bescherte. Wo Johnson und Henry während der Vierer-Matches teilweise noch glänzen konnten, hatten sie den Europäern in den Einzeln nichts mehr entgegenzusetzen. Allein J.J. Henry steuerte einen halben Punkt bei.

Was also tun mit diesen Europäern? Lösungsvorschläge hat es bis dato nicht gegeben, Ratlosigkeit herrscht vor. Und die Häme der Sieger kommt hinzu. Kaum war der Ryder Cup beendet und die erste Flasche Champagner verspritzt, verkündete der 26-jährige Sergio Garcia aus Spanien: „Es gibt doch nichts Besseres, als Amerikaner zu schlagen.“

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