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Sport: Raus aus der Defensive

Herthas Kapitän Friedrich will auf Schalke zeigen, wie souverän er geworden ist

Berlin - Fast wäre er auch noch Kapitän der Nationalelf geworden. Als Torsten Frings im Länderspiel gegen die Schweiz in der 74. Minute vom Feld ging, war Arne Friedrich der Spieler mit den meisten Länderspielen auf dem Platz. Nach dem Fußballerknigge hätte Frings dem Berliner die Kapitänsbinde geben sollen. Frings verspürte aber keine Lust, den weiten Weg zu Friedrich auf die rechte Abwehrseite zu traben und reichte die Binde an den näher stehenden Christoph Metzelder weiter. So verwehrte jene Position, die er selbst nicht liebt, dem 27 Jahre alten Berliner auch noch diese kleine Anerkennung.

Im heutigen Bundesligaspiel beim Tabellenführer Schalke 04 wird das anders sein. Bei Hertha BSC ist Friedrich ohnehin seit 2004 Kapitän. Weil Teamkollege Josip Simunic wegen eines Muskelfaserrisses ausfällt, darf er heute auch wieder in die rechte Innenverteidigung rücken, die Wunschpostion des gebürtigen Ostwestfalen. „Mittelfristig will ich in der Mitte spielen“, sagt er. Derzeit spielt neben Simunic dort Dick van Burik, der die Ansprüche seines Kollegen nicht gerne hört. „Mit mir hat niemand gesprochen, deswegen mache ich mir keine Sorgen“, sagt der 33 Jahre alte Niederländer.

Friedrich will nicht kommentieren, ob ein Wechsel der Position eine Bedingung für den Verbleib bis 2009 beim Bundesligisten war. Trainer Falko Götz weicht aus: „Ich denke an das Spiel gegen Schalke und nicht an die nächste Saison.“ Aber auch er sprach bereits von einer „mittelfristigen Option“. Arne Friedrich sieht bei Hertha eine Perspektive. Manager Dieter Hoeneß nennt ihn eine „zentrale Säule“ im jungen Team.

Auswärts fehlt Hertha das Selbstbewusstsein, das Friedrich mittlerweile ausstrahlt. Götz sagt: „Wir haben beim 2:0-Sieg im Hinspiel gezeigt, dass wir den Gegner beherrschen können.“ Hertha ist jedoch die zweitschlechteste Auswärtsmannschaft der Liga, bei den Spitzenklubs in Bremen und München gab es deutliche Niederlagen. In Schalke werden die Berliner zudem kaum ihr Offensivspiel aufziehen können. Die Schalker kontern auch zu Hause gefährlich.

Auch wenn Friedrich in der Defensive immer souveräner wird: Kein Bundesligaklub ließ mehr Torschüsse zu. Doch mit Kritik kann er mittlerweile umgehen. „Er hat sich in seiner Persönlichkeit unglaublich entwickelt“, sagt Trainer Götz. Der Kapitän nennt vor allem die Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr „die lehrreichste Zeit, fußballerisch, aber auch persönlich“. Der Berliner war der ausgemachte Schuldige für die holprige Vorbereitung der Nationalmannschaft. In den ersten WM-Spielen gegen Costa Rica und Polen zählten seine Kritiker die Flanken, die hinter dem Tor landeten. Er zog sich zurück, sprach viel mit Freunden und der Familie – und fand zurück zur Form. „Jetzt lasse ich mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen“, sagt Friedrich. Von Michael Ballack habe er gelernt, sich nicht einschüchtern zu lassen.

Am 24. März macht Friedrich gegen Tschechien sein 50. Länderspiel. Wahrscheinlich muss er wieder auf der rechten Seite spielen, wo Clemens Fritz gesperrt fehlen wird. Zumindest in der Nationalmannschaft nimmt er diese Rolle noch klaglos an, selbst wenn er deswegen wieder nicht Kapitän werden sollte.

Stefan Tillmann

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