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Sport: Rausfliegen oder siegen

Die Slalomfahrer Alois Vogl und Christian Neureuther sind die deutschen Hoffnungen bei der Ski-WM

Berlin - Die Piste ist steil und eisig, Alois Vogl gefällt das. „Mir kommen diese Bedingungen entgegen“, sagt er. Mehr sagt er nicht, da greift eine Art Selbstschutz. Der Slalomspezialist Vogl hat „die Erfahrung gemacht, dass es nicht gut ist, wenn man öffentlich zu deutlich Ziele formuliert“. Die Fans und die Medien messen einen daran, und das kann dann übel ausgehen. Also sagt Vogl nur, dass „ich möglichst weit nach vorne fahren will“.

Vogl hat mehr Aufmerksamkeit, als er erwartet hatte. Er hat vor einer Woche in Kitzbühel den dritten Platz belegt, er kann grundsätzlich aufs Podest fahren. Aber bei der Ski-WM in Are in Mittelschweden, bei der gestern der Super-G der Männer wegen eines Schneesturms verschoben werden musste, ist er gleich auch noch zum Hoffnungsträger eines ganzen Verbandes aufgerückt. Das erhöht den Druck. Maria Riesch, die Weltklasse-Allrounderin, ist noch nicht in Form, Annemarie Gerg und Kathrin Hölzl haben höchstens Außenseiterchancen, und von den meisten Männern erwartet man sowieso nichts. Bleiben nur zwei deutsche Hoffnungsträger für den Slalom am kommenden Samstag, Vogl und sein Slalom-Kollege Felix Neureuther. Der 22-jährige Neureuther wurde Fünfter und Sechster in Kitzbühel, und im Dezember hatte er in Beaver Creek sogar Platz drei belegt. Neureuther, der Sohn der Ski-Legenden Christian Neureuther und Rosi Mittermaier, hat auch grundsätzlich das Zeug für einen Podiumsplatz.

Grundsätzlich, das ist das Schlüsselwort. Die beiden müssen erstmal ins Ziel kommen. Für Neureuther war das jahrelang ein Problem, Vogl ist in dieser Saison oft rausgeflogen. In Schladming, am vergangenen Dienstag, schieden beide aus. Vor allem für Vogl war das „sehr enttäuschend“. Er sei sehr gut unterwegs gewesen, „obwohl ich nicht volles Risiko gegangen bin. Aber dann hat es mich ausgehebelt“. Es hat ihn oft ausgehebelt in dieser Saison. In Beaver Creek lag er nach dem ersten Lauf auf Platz zwei, dann flog er raus. In Alta Badia kurz darauf der nächste Ausfall. In Kitzbühel hatte er ein Spitzenergebnis. Seine Rennen sind unberechenbar, deshalb legt er sich nicht fest.

Hoffnungsträger, mit dem Wort kann Vogl nicht mehr viel anfangen. Er ist jetzt 34 Jahre alt, er hatte Jahre in der Unauffälligkeit erlebt, bis er im Januar 2005 sensationell den Weltcup-Slalom in Wengen gewann. Er lasse sich da nicht mehr unter Druck setzen, sagt er. Vermutlich aber, instinktiv, wird er rein geistig noch enger mit Neureuther zusammenrücken. Seit vier Jahren sind sie jetzt zusammen unterwegs, der Routinier und der junge Wilde aus Garmisch-Partenkirchen. Der eine profitiert vom anderen. „Von mir hat Felix gelernt, wie man eine gewisse Ruhe bewahrt. Er wollte früher ungestüm immer ganz nach vorne fahren“, sagt Vogl. Andererseits „habe ich von ihm eine gewisse Unbekümmertheit übernommen“. Sie reden nach der Besichtigung einer Strecke über die ideale Linie und geben sich gegenseitig Tipps. „Es gab noch nie Unstimmigkeiten zwischen uns“, sagt Vogl. Wenn sie nicht über Sport reden, dann über Computer. Vogl hat seit drei Monaten einen Laptop, damit er „endlich mal auch per E-Mail erreichbar ist“, aber er braucht noch die Tipps des Jüngeren. Und wenn sie mal am Computer Karten spielen, dann, sagt Vogl, „habe ich kaum Chancen“.

Im Gegenzug freut sich Neureuther über die Erfolge des Kollegen. In Kitzbühel sagte er, er sei stolz über den dritten Platz von Vogl. „Wie er mit dem Druck, der immer mehr auf ihm gelastet hat, umgegangen ist, das ist schon toll.“ Neureuther selber ist weniger zurückhaltend als Vogl, wenn es um die WM geht. „In Are können wir beide aufs Podest fahren“, hatte er in Kitzbühel euphorisch verkündet.

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