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Vastic

© dpa

Reaktion auf die Niederlage: „Österreich hat wieder Klassespieler"

Trotz des 0:1 im Auftaktspiel gegen Kroatien sieht Teammanager Andreas Herzog die Mannschaft des Gastgebers im Aufwind - dabei war der beste Österreicher eigentlich ein Kroate. Auch der zweite Gastgeber, die Schweiz, fragt sich nach Freis Ausfall: Wer soll denn bloß für uns die Tore schießen?

Der österreichische Boulevard nennt den Bundestrainer Josef Hickersberger gern „Hicke" und die Fußball-Nationalmannschaft „Hickes starke Männer". Eine Analogie auf den kleinen Zeichentrickhelden Wicki, der nicht so stark ist wie die großen Wikinger, im Zweifelsfall aber immer die rettende Idee hat. Passend dazu hat der Radiosender „Ö 3" den Titelsong der Fernsehserie aus den Siebzigern umgedichtet. „Hey, hey Hicke", sangen die Fans am Sonntag im Praterstadion und hofften auf die rettende Idee, aber sie kam nicht. Anders als der clevere Wicki setzten die Österreicher in ihrem EM-Eröffnungsspiel ausschließlich auf physische Qualitäten, aber das war zu wenig gegen die smarten Kroaten. Trotz 0:1-Niederlage nach einer fußballerisch eher bescheidenen Vorstellung verabschiedete das Publikum die Österreicher mit Ovationen. „Schade, ihr hättet den Punkt verdient", titelte die „Kronenzeitung", und auch die seriöse Wiener „Presse" fand: „Kroatien gewinnt mit Glück".

Das Glück ist bisher nicht mit den Ausrichtern der elften Fußball-Europameisterschaft. Die alpenländische Schicksalsgemeinschaft Österreich sieht sich nach dem ersten Spieltag in nicht ganz unerwarteter Not. Beide haben sie noch kein Tor geschossen, beide benötigen sie in den noch ausstehenden zwei Vorrundenspielen mindestens vier Punkte für den Einzug ins Viertelfinale. „Es ist zum Heulen", titelte der Schweizer „Blick" nach dem unglücklichen 0:1 am Samstag in Basel gegen Tschechien. In Österreich ist die Stimmung gelöster, was wohl auch mit den eher bescheidenen Erwartungen zusammenhängt. „Wir haben gezeigt, dass der österreichische Fußball wieder besser wird", sagte Trainer Hickersberger und sein Assistent Andreas Herzog wollte gar gesehen haben, „dass Österreich wieder Klassespieler hat".

Das ist gewagt formuliert, denn jenseits von Willen und Leidenschaft war bei den Österreichern nicht viel zu sehen. Der als Stratege eingeplante Andreas Ivanschitz tauchte gegen Kroatien völlig unter, England-Profi Emanuel Pogatetz wäre bei einem weniger nachsichtigen Schiedsrichter vom Platz geflogen und der beste, auffälligste Österreicher war ein Kroate, der nur eine halbe Stunde lang mitkickte und im September seinen 39. Geburtstag feiert. Ivica Vastic, geboren in Split und als Fußballprofi in Wien und Graz sozialisiert. Vastic ist der Überraschungsgast in Hickersbergers EM-Aufgebot, und mit ihm kamen am Sonntag die Ideen, die überraschenden Momente, und Hickersberger musste sich später fragen lassen, warum er denn nicht früher gewechselt habe. Das hätte er schon tun können, entgegnete der Trainer, „alles eine Frage des Risikos, das man eingehen will, und wir haben uns die totale Offensive für die letzte halbe Stunde aufgehoben".

Auch Kroatiens Trainer Slaven Bilic sprach anerkennend vom Engagement der Österreicher, „aber eine richtige Torchance gegen uns habe ich nicht gesehen". Zumindest in dieser Hinsicht war es den Schweizern am Samstag beim 0:1 gegen Tschechien besser ergangen. Alexander Frei, Jakob Vonlanthen, Gökhan Inler und Tranquilo Barnetta hatten den erfolgreichen Abschluss mehrfach auf dem Kopf und Fuß. Was aber nutzen die schönsten Torchancen, wenn sie nicht genutzt werden? Und, schlimmer noch für die Zukunft: Wer soll sie in den kommenden Spielen gegen die Türkei und Portugal nutzen? Kapitän Frei, der mit Abstand gefährlichste Angreifer, erlitt gegen Tschechien einen Teilabriss des Innenbandes und fällt für sechs Wochen aus. Für die „Neue Zürcher Zeitung" ist Trainer Jakob Kuhn „ein Schachspieler mit immer weniger Figuren, die zum Angriff taugen".

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