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Schuster

© AFP

Real Madrid: Don Bernardo plaudert wieder

Trotz der heftigen Kritik an seiner Arbeit ist sich Bernd Schuster sicher, dass er eine Zukunft bei Real Madrid hat.

So gelassen hat man Bernd Schuster zuletzt selten erlebt. „Der Präsident hat versichert, dass ich bei Real Madrid bleibe, auch wenn wir nicht Meister werden. Wir sind mitten im Teamaufbau, die zweite Phase des Projekts steht im Sommer an“, so der Coach auf „Radio Marca“. Es war das erste Interview, das der in die Kritik geratene Trainer des spanischen Rekordmeisters seit langem gab. Erstaunlich war nicht nur, was er sagte, sondern vor allem, wie er es sagte: in diesem kumpelhaften Plauderton, für den die spanische Presse Don Bernardo einst so liebte und die der Deutsche in dem Moment verlernte, als er sich zum ersten Mal auf die Trainerbank im Santiago-Bernabeu-Stadion setzte.

Am Donnerstagmorgen, um kurz nach acht, war der plaudernde Schuster wieder da. „Für einen Spanier muss es eine echte Strafe sein, so früh aufzustehen,“ scherzte Schuster, um nach freundschaftlichem Geplänkel über die EM die Lage bei den Königlichen zu analysieren. Aus Champions League und Pokal ausgeschieden, bleibt nur noch die Liga und dort ist der Vorsprung auf den FC Barcelona auf vier Zähler geschmolzen. Allerdings verlor der Champions-League-Gegner von Schalke 04 sein Spiel am Samstagabend trotz einer 2:0-Pausenführung noch 2:3 bei Betis Sevilla.

Schuster sagte, er arbeite „an einem harten Projekt“, das mit dieser Spielzeit noch nicht beendet sei. „Es wäre ungerecht zu sagen, dass wir in dieser Saison alles hätten gewinnen müssen.“ Schließlich habe er ein ganz neues Team bilden müssen. Die Mannschaft braucht Verstärkung im Angriff, das macht Ruud van Nistelrooys verletzungsbedingter Ausfall deutlich. Geht es nach Schuster, klopft der Verein demnächst bei Klaas-Jan Huntelaar von Ajax Amsterdam an; angeblich steht auch der deutsche Nationalspieler Mario Gomez vom VfB Stuttgart auf der Wunschliste. Spanische Sportzeitungen dichten Schuster zudem Interesse an Karim Benzema (Lyon), Christian Poulsen und Daniel Alves (beide Sevilla) sowie Ricardo Quaresma (Porto) an.

Reals wechselhaftes Spiel in der Liga, die von Schusters Vorgesetzten begangenen Fehler in der Einkaufspolitik: das alles sind Probleme; aber sie erklären nicht, wie der erklärte Medienliebling Schuster in so kurzer Zeit zum chronisch schlecht gelaunten Bad Boy der Liga werden konnte. Einen Teil hat er sich sicher selbst zuzuschreiben, durch seine doch etwas eigenwilligen Interpretationen der Wirklichkeit. Die Liste seiner verbalen Merkwürdigkeiten reicht vom „Ich werte das nicht als Niederlage“ nach dem Ausscheiden aus der Champions League gegen den AS Rom über die indirekte Schuldzuweisung an den Schiedsrichter nach der 0:2-Niederlage gegen Sevilla („Woher kommt der Referee?“ „Aus Katalonien.“ „Dem muss ich ja nichts mehr hinzufügen.“) bis hin zum Eklat in Huelva. Da verließ Bernd Schuster nach einem wenig schmeichelhaften 3:2-Sieg den Saal, weil ihm die Fragen der Journalisten zu blöd waren. In einer Note an Reals Präsidenten Ramon Calderon protestierte die Vereinigung der örtlichen Sportjournalisten gegen das „ungebührliche Verhalten des Trainers, das einem großen Klub nicht gut zu Gesicht steht“.

Und das ist der zweite Teil des Problems, für den Schuster nur bedingt etwas kann. Beim FC Getafe war seine direkte, manchmal etwas rüpelhafte Art ein Markenzeichen. Mit Sprüchen wie „Wenn du nicht weißt, wie es um Real Madrid steht, solltest du eher Filmkritiker werden als Sportjournalist“, erntete er dort jede Menge Lacher; die Hauruckpose passte gut zu einem Coach, der aus einem Vorstadtverein den großen Aufsteiger der spanischen Liga gemacht hatte. Bei einem Klub wie Real Madrid, der nicht zufällig den Beinamen „Weißes Haus“ trägt, geht das nicht mehr. Hier ist „angemessenes Verhalten“ ebenso wichtig wie sportliche Erfolge. Sechzig Journalisten verfolgen jedes Training; täglich müssen zwei große befreundete und zwei große verfeindete Sportzeitungen zu mindestens einem Drittel mit Nachrichten vom spanischen Rekordmeister gefüllt werden. Sportanalysen allein reichen nicht aus, und so wird aus einem Fauxpas schnell ein Skandal. Damit kann der Coach nicht umgehen. Er sei so „seltsam“ auf Pressekonferenzen, weil er sie nicht möge, bekannte Bernd Schuster: „Die Stimmung ist aggressiv. Man fragt nach Menschen, mit denen ich nichts zu tun habe. Über Fußball rede ich gerne, aber danach fragt niemand.“

Am Donnerstag verabschiedete er sich von dem Radiomoderator mit einem jovialen „Ich hab nur so viel erzählt, weil du mich in der Frühe erwischt hast“. Vielleicht sollte man bei Real Madrid die Pressekonferenzen künftig auf acht Uhr morgens verlegen.

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