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Das Ziel ist klar für Bayern: Das Finale der Champions League im eigenen Stadion.

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Update

Reals Lieblingsfeind: Die schwarze Bestie FC Bayern

Der FC Bayern wird bei Madrid gleichermaßen gehasst und gefürchtet. Aus gutem Grund, denn schon oft haben die Münchner Real in großen Duellen ein Bein gestellt. Startrainer Mourinho setzt daher auf Attacke und verhöhnt die Bayern vor dem Spiel.

Das menschgewordene Unheil hat sich versteckt. Hinter Gesichtern, die aussehen, als würden sie zu Chorknaben gehören. Philipp Lahm hat so ein unschuldiges Antlitz. Oder Holger Badstuber. Manuel Neuer auch. Bastian Schweinsteiger? Arjen Robben? Taugen alle nicht zu richtigen Feindbildern. „Richtig nett sehen die aus. Gerade im Vergleich zu ihren Vorgängern“, sagt Pablo Polo. Der spanische Sportjournalist berichtet für die Zeitung „Marca“ und wird am Dienstag in der Münchener Arena sein, wenn sich der FC Bayern und Real Madrid im Halbfinal-Hinspiel der Champions Leage gegenüber stehen (20.45 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de). Lahm, Schweinsteiger und die anderen mögen auf den ersten Blick nicht furchteinflößend aussehen, und doch sind es diese Spieler, vor denen Polo, Real und dessen Fans mindestens nur Respekt haben.

„La bestia negra“ wird der FC Bayern in Madrid genannt – die schwarze Bestie. Das klingt martialischer, als es gemeint ist. Als schwarze Bestie werden in Spanien Klubs oder Personen bezeichnet, gegen die man nicht gewinnen kann. Die deutsche Sprache hat dafür auch einen Terminus, wenn auch längst nicht so kraftstrotzend: Angstgegner.

Genau das ist der FC Bayern für Real Madrid. In der Geschichte des Landesmeister Cups und der Champions League trafen beide bisher 18 Mal aufeinander, zehn Duelle gewannen die Bayern. Real kommt nur auf sechs Siege. Zu oft scheiterten Madrids Titelträume in der Vergangenheit an den Bayern. In München wissen sie darum und kokettieren mit ihrem Image. Es gibt einen Fanklub, der sich „La Bestia Negra“ nennt und Fanschals mit diesem Aufdruck sind vor dem Spiel heute ein beliebtes Accessoire. „Dieser unbedingte Siegeswille, nie aufgegeben, so sieht man die Bayern in Spanien“, sagt Polo.

Historische Duelle zwischen Bayern München und Real Madrid in Bildern

Unbedingter Siegeswille, nie aufgeben, immer weiter, weiter – kein Spieler steht dafür wie Oliver Kahn. Bayerns Torwart war bis zu seinem Karriereende der erklärte Lieblingsfeind der „Marca“. Vor fünf Jahren begegneten sich Real Madrid und der FC Bayern zum bisher letzten Mal. Champions League. Achtelfinale. Beim Hinspiel in Madrid war die Stimmung aggressiv und das Ende ein Skandal. Zwei Minuten vor Schluss wuchtete Bayerns Mark van Bommel den Ball zum 2:3 ins Tor und anschließend die linke Hand in die rechte Armbeuge. Die ausgestreckte Faust heißt in Spanien „cortes de manga“ – eine üble Beleidigung. Vor dem Rückspiel aber war es Kahn, der den Titel der „Marca“ zierte. Mit dreckigem Gesicht und verschmierten Haaren sah der Torwart aus, als wäre er gerade dem Schützengraben entstiegen. Darunter stand in großen Lettern: „Das ist der Feind.“

In Madrid hatten sie nicht vergessen, was dieser Torwart ihnen schon alles angetan hat. Gerade das Stadion Santiago Bernabeu schien Kahn schier übernatürliche Kräfte zu verleihen. Im Halbfinale 2001 musste Real erst vor eigenem Publikum antreten. Raúl, Figo und Guti bestürmten Bayerns Tor im Minutentakt, Angriffswelle auf Angriffswelle brach über die Münchener herein. Kahn gab den Wellenbrecher, seine Arme wurden zu Tentakeln. Er war überall und Bayern siegte 1:0. Ein Jahr zuvor hatte der Deutsche Meister zwar drei von vier Spielen gegen Real gewonnen, aber der Titel ging am Ende nach Madrid. „Kahn, Effenberg, Matthäus, Augenthaler, das waren markante Persönlichkeiten. Richtige Anführer, die aber auch viel Angriffsfläche boten“, sagt Polo.

Wie Mourinho gegen die "Bestia Negra" wettert

Richtig Fahrt nahm die Rivalität zwischen den Klubs zur Jahrtausendwende auf, zwölf der achtzehn Spiele fanden im neuen Millennium statt. Die Anfänge gehen aber schon früher zurück. Nach der Premiere 1976 ging es elf Jahre später beim zweiten Duell hitzig zur Sache. Beim Hinspiel stieg Reals Juanito Lothar Matthäus auf die Rippen. Der Spanier flog vom Platz und wurde für fünf Jahre von allen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen. Die Bayern siegten 4:1 und beim Rückspiel im Bernabeu flogen ihnen allerlei Gegenstände entgegen. „Die Stimmung war aggressiv, richtig feindselig“, sagt Klaus Augenthaler. Der Verteidiger ließ sich nach einer halben Stunde zu einer Tätlichkeit hinreißen, die Bayern schafften es zu zehnt ins Finale. „Damals wurde der Mythos der bestia negra geboren“, sagt Pablo Polo. Mit Spielern, die ideale Feindbilder abgaben.

Diesmal will Real Madrid die "Bestia Negra" zähmen - und das nach nur 21 Stunden Aufenthalt in München. „Die Historie sagt gar nichts. Morgen ist ein neues Spiel. Und Real spielt immer auf Sieg“, sagte Mourinho gestern gegenüber Journalisten.

An Selbstbewusstsein fehlt es dem Tabellenführer der Primera Division vor dem Halbfinale nicht. „Madrid ist immer Favorit“, tönte Linksverteidiger Marcelo nach 20 ungeschlagenen Pflichtspielen in Serie. Abwehrkollege Sergio Ramos versuchte zumindest, den Bayern den nötigen Respekt zu zollen: „Wir haben eine Riesenmannschaft vor der Brust, eine Weltauswahl. Wir werden versuchen, es mit ihnen aufzunehmen.“ Spätestens seit der Ankunft des 26 Mann schweren Kaders am Münchner Flughafen sah man den Madrilenen aber das ungebrochene Selbstbewusstsein ein.

„Bayern hat alles, um ein großer Gegner zu sein. Sie dürfen zu Recht vom Finale träumen“, sagte Mourinho zwar - mit einer Niederlage rechnet aber keiner. Vielmehr verspottete Mourinho die deutschen Fürsprecher Ottmar Hitzfeld, Franz Beckenbauer und Co. „Ich habe gehört, dass Bayern Favorit ist, dass wir Komplexe haben wegen der 'Bestia Negrà, dass wir vor dem Aus stehen - deshalb müssen wir schauen, was wir machen können“, sagte er mürrisch.
Ohnehin könne man in der Champions League, in der Real im Vorjahr im Halbfinale scheiterte, „nur gewinnen. Mit dieser Einstellung gehen wir an die Sache.“ Als besonders gefährlich stufte Ramos Arjen Robben ein, mit dem es wohl der Portugiese Fabio Coentrao zu tun bekommen. Der 24-Jährige gilt zwar wie die gesamte Hintermannschaft der Madrilenen als umstritten, doch er verweist gerne auf die bisherige Bilanz. Mit nur sechs Gegentreffern stellt der spanische Rekordmeister zumindest statistisch die beste Abwehr aller Halbfinalteilnehmer. Auch in der Liga hat nur Dauerrivale FC Barcelona weniger Tore kassiert. (mit dapd)

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