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Sport: Recht und billig

Union kann sich keine großen Namen leisten, bietet aber gegen Mainz zwei Neue auf

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Das Telefongespräch wurde auf Tschechisch geführt. Zwei Landsleute waren schließlich unter sich. Mirko Votava, in Prag geboren und jetzt Trainer beim abstiegsbedrohten Fußball-Zweitligisten 1. FC Union, lockte und schmeichelte am Telefonhörer. Jiri Nemec, geboren in Pacov, hörte sich alles ganz seelenruhig an, zeigte sich keineswegs distanziert, war aber auch nicht gleich Feuer und Flamme. Und irgendwann im Verlauf des Gesprächs vertagten sich die beiden auf eine erneute Kontaktaufnahme. Votavas Werben um den 37-jährigen Fußball-Routinier Jiri Nemec von Sparta Prag war letztlich jedoch vergebliche Liebesmüh. Und beim Union-Trainer verfestigte sich der Eindruck: „Wenn der dann nicht zurückruft, dann merkt man sehr schnell, der will gar nicht zu Union, der wollte auch gar nicht weg aus seiner Heimat.“ Und wieder war für Union eine Hoffnung geplatzt, sich mit einem namhaften Spieler für die Rückrunde zu verstärken. Die beginnt für die Köpenicker heute (15 Uhr, Stadion Alte Försterei) mit dem Heimspiel gegen Mainz 05.

Jiri Nemec, früher lange Jahre bei Schalke 04 die zentrale Figur im Mittelfeld, ist jetzt bei Viktoria Zizkov untergekommen. Union muss deshalb keine Trübsal blasen. Im Internet unter „www.transfermarkt.de“ wird der Marktwert des tschechischen Nationalspielers auf 250 000 Euro taxiert. Sein Gehalt soll, so wird dort geschätzt, bei 1,75 Millionen Euro liegen. Eine Gage, die für Union weit außerhalb der eigenen finanziellen Reichweite liegt. Gerade mal 180 000 Euro rückte der Aufsichtsrat des Klubs raus für die dringend benötigten Verstärkungen.

Solche Summen reichen gerade mal, um beim Aldi des Transfermarktes fündig zu werden. Zumal immer auch noch Nebenkosten zu berücksichtigen sind. Unions Sportlicher Berater Toni Päffgen sagt: „Du musst Ablöse oder Ausleihgebühr zahlen, dazu das Gehalt und die Prämien, und dann will der Berater ja auch Geld sehen. Dazu summieren sich weitere Kleinigkeiten, bei ausländischen Spielern zum Beispiel für den Dolmetscher.“

Unions engagierte Fans bezichtigten den Trainer und sein Gefolge schon der Untätigkeit, manche sprachen gar von Unfähigkeit, weil Transfers zwar seit Dezember versprochen waren, aber lange Zeit nichts passierte. „Wir haben alles abgekaspert“, sagt Päffgen. Bundesligaerfahrene Profis galten als mögliche Kandidaten: der frühere Hertha-Stürmer Piotr Reiss zum Beispiel oder der ehemalige Wolfsburger Andrzej Juskowiak, auch der einst bei 1860 München spielende Ned Zelic stand auf der Liste, ebenso Charles Akonnor. Votava hat alle überprüft. Fazit: „Gestandene Spieler sind für uns gar nicht finanzierbar.“

Selbst ein Robert Vujevic aus der Regionalliga-Mannschaft des VfB Stuttgart war nicht erschwinglich. „Der wird beim VfB Stuttgart als Vertragsamateur geführt. Bei so einem muss man schon mal mindestens 22 500 Euro an Ausbildungsentschädigung zahlen“, sagt Toni Päffgen. Zu viel für Union, der Transfer scheiterte.

Den gängigen Sitten auf dem Transfermarkt kann Votava inzwischen nichts Positives mehr abgewinnen. „Da gibt es Spielervermittler, von denen fühlst du dich nur noch veräppelt. Und manche Spieler, die wollen erst, dann wollen sie wieder nicht. Die verschaukeln einen bloß, um die Preise nach oben zu treiben“, sagt der Trainer. Geblieben ist Union der Rückgriff auf nicht so namhafte Spieler. Dean Popov von Fortuna Köln wurde für eineinhalb Jahre verpflichtet, dazu Tomas Brusko von Dynamo Kiew. Beide sind gegen Mainz spielberechtigt. Auch die Verhandlungen mit David Siradze von Lok Tiflis stehen vor dem Abschluss. Er soll bis zum Saisonende ausgeliehen werden.

Toni Päffgen hat sich emsig darum bemüht, den abgebenden Klubs in Kiew und Tiflis die Wechsel auf ehrliche Art und Weise schmackhaft zu machen. „Ich sage den Vereinen, ihr könnt von Union kein Geld bekommen, die haben doch nichts. Aber ihr könnt eure Spieler bei Union ins Schaufenster stellen, damit sie sich interessant machen können für die Bundesliga, und dann kann man im Sommer vielleicht mal einen Transfer für die Summe X machen.“

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