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Red Bull: Vorwärts durch Evolution

Mit einem verbesserten Vorjahres-Red-Bull greift Formel-1-Pilot Sebastian Vettel nach dem Titel.

Von Christian Hönicke

Da stand der Neuankömmling, frisch geschlüpft. „Er hat noch keinen Namen“, sagte Sebastian Vettel, der gerade die Plane gehoben hatte. Gewöhnlich pflegt der Formel-1-Pilot seinen Lieblingen auf vier Rädern Kosenamen zu geben, doch der neueste Spross hört einstweilen nur auf eine seelenlose Kurzkombination. RB6 heißt Vettels Red-Bull-Renault, der am Mittwoch in Jerez im Süden Spaniens der Öffentlichkeit präsentiert wurde. „Das Auto ist schön“, erklärte Vettel. „Jetzt müssen wir sehen, dass es hoffentlich schnell und zuverlässig ist.“ Nachdem Ferrari, McLaren und das neue Mercedes-Team um Michael Schumacher bereits vor einer Woche in Valencia Testkilometer gesammelt haben, präsentierte der Vizeweltmeister als letzter der Titelanwärter seinen neuen Dienstwagen. „Die fehlenden Testtage letzte Woche sind kein Nachteil, aber auch kein Vorteil“, sagte Vettel.

Die Jungfernfahrt des RB6 blieb dabei Mark Webber vorbehalten. Während der Australier im nasskalten Jerez die ersten Runden drehte, machte sich sein Teamkollege mit einer seltsamen Mützenversion eines Kaffeekannenwärmers am Streckenrand warme Gedanken. „Es ist schon gut, allein die Motoren zu hören und die Autos zu sehen“, sagte Vettel, der erst am Freitag ins Lenkrad greifen wird. Seit dem Saisonfinale im November hat der Heppenheimer nicht mehr am Steuer eines Formel-1-Wagens gesessen. „Man trainiert, isst, trainiert wieder und geht dann irgendwann ins Bett, aber das ist eigentlich nicht das, was man am liebsten machen würde“, berichtet er von seiner tristen Winterzeit. „Für die Formel 1 gibt’s keinen wirklichen Ersatz.“ Nicht einmal mit dem Feintuning an seiner Zielvorgabe für die neue Saison konnte er sich ein wenig länger beschäftigen. „Da musste ich nicht lange drüber nachdenken. Das wusste ich letztes Jahr schon, was dieses Jahr das Ziel ist. Ganz klar: Weltmeister zu werden.“

Nach dem knapp verpassten Titel in der Saison 2009 wird dieses Unterfangen allerdings nicht wirklich leichter. Ferrari hat sich zurückgemeldet, McLaren auch, von Michael Schumacher gar nicht zu reden. Am Samstag wird Vettel sein einstiges Kindheitsidol und seinen Förderer zum ersten Mal in einem Formel-1-Auto um die Strecke jagen. Dazu gibt sich der 22-Jährige betont unbeeindruckt. Er sei Schumacher in letzter Zeit nicht begegnet und habe nur aus den Medien erfahren, dass der Rekordweltmeister „jetzt doch zurückkommt. Aber Michael war ein paar Jahre nicht dabei, es bleibt abzuwarten, wie er sich schlägt.“ Ohnehin, Schumacher hin oder her: „Im Endeffekt gibt es mehr als zwei Fahrer in der Formel 1. Dieses Jahr können sehr viele Teams und Fahrer ganz vorne mitmischen.“

In der einen Woche Mehrurlaub hat sich Vettel daher dem ausgiebigen Studium der Konkurrenten hingegeben. Und beim Analysieren der anderen Autos habe er „viele Sachen“ entdeckt, „die man von unserem Auto kennt und jetzt bei anderen wiederfindet. Am auffälligsten sind vielleicht die Höcker vorn am Cockpit.“ Red Bull selbst setzt laut Technik-Direktor Adrian Newey auf eine „Evolution“ des erprobten Vorjahresmodells. Fortschritt durch Kontinuität ist offenbar das Motto des Rennstalls, denn auch das Personal ist von größeren Umwälzungen verschont geblieben. Eine gewisse Stabilität sei kein Nachteil, befand Vettel.

Da dürfte es niemanden überraschen, wenn auch der Kosename des neuen Autos einem bewährten Schema folgt. So hieß Vettels erster Red Bull „Kate“, der Nachfolger wurde „Kate’s Dirty Sister“ (etwa: Kates schmutzige Schwester) getauft. Bis zu seiner ersten Fahrt am Freitag will sich Sebastian Vettel einen Namen für sein neues Gefährt einfallen lassen. „Natürlich wird es einen geben“, verspricht er. „Ich bin noch am überlegen.“ Gerüchten zufolge hat „Kate’s Hot Mum“ die besten Chancen. (Mitarbeit: -urm)

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