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Sport: Reden, reden, reden

Das Erfolgsgeheimnis der Hockey-Nationalspieler

Manchmal werden die Geister, die Bundestrainer Bernhard Peters gerufen hat, zu einer kleinen Plage. Wenn seine Hockey-Nationalspieler gar nicht mehr aufhören wollen zu diskutieren, zu analysieren und sogar den letzten Verbesserungsvorschlag noch einmal überarbeiten müssen. „Das ist oft anstrengend“, sagt der Hockey-Bundestrainer. „Aber auch gut, schließlich bereichern wir uns so gegenseitig.“ Im Zweifelsfall nimmt der Coach – prinzipiell ein Anhänger mündiger Sportler – den Diskutanten ihre Arbeitszettel weg und schickt sie aufs Feld.

Die Mischung ist erfolgreich. Nach dem überraschenden Vorrunden-Aus bei den Olympischen Spielen in Sydney scheint nun das richtige Maß zwischen Reden und Handeln gefunden: Deutschlands Hockey-Männer sind inzwischen amtierender Welt- und Europameister. In der Sammlung fehlt nur der Olympiasieg, und der Trainer bemüht sich auch gar nicht um falsche Bescheidenheit. „Wenn unsere Damen in Athen Vierter oder Fünfter werden, haben sie ein tolles Turnier gespielt“, sagt Peters, „wir haben ein tolles Turnier gespielt, wenn wir Erster werden.“

Am nächsten Wochenende steht dem Team beim Vier-Nationen-Turnier mit Rekord-Olympiasieger Indien, Großbritannien und Frankreich in Düsseldorf der letzte große Test vor den Olympischen Spielen bevor. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Duell mit den Briten am Samstag, denn die werden am 21. August in Athen auch vorletzter Vorrundengegner der Deutschen sein. Eine Selbstverständlichkeit, dass sich Peters’ Mannen zuletzt speziell über diesen Gegner Gedanken gemacht haben und bestens gewappnet zur Taktik-Sitzung am Flipchart marschieren werden.

Als Grund, warum fast alle in der Mannschaft so viel Lust auf Mitsprache haben, nennt der Trainer die Doppelausrichtung, die seine Spieler mit Training und Beruf oder Studium haben. Einen Haufen zielgerichteter Jungs habe er zusammen. „Ich bin ein Verfechter der ganzheitlichen Persönlichkeitsausbildung“, erklärt Peters. „Wenn ich in allen Bereichen, im Sport wie im Beruf, gefordert werde, übernehme ich auch viel mehr Verantwortung und kann dann auch kreativer Hockey oder Fußball spielen.“ Deutschlands Fußballern würde der Weltmeister-Trainer solche Lebensumstände durchaus wünschen.

Bei den Hockeyspielern würden sie unter anderem lernen, dass Freizeit ein ausgesprochen kostbares Gut sein kann. In der DHB-Auswahl etwa geht die eine Hälfte einem Beruf nach, die andere Hälfte studiert. Mannschaftskapitän, Welthockeyspieler 2001 und Immobilienmakler Florian Kunz dient den Medien als Vorzeigekandidat für ein erfolgreiches Doppelleben. Doch um ihn herum tummeln sich fertige oder künftige Ärzte, Juristen, Betriebswirte, Luft- und Raumfahrttechniker, Politologen. Und ein Kerl wie Philipp Crone.

Der 27-Jährige zählt zu den weltbesten Verteidigern. Doch nicht nur deshalb klingt Bernhard Peters begeistert, wenn er von Crone spricht. Denn ganzheitlicher als der blonde Abwehrmann von Rot-Weiß München kann man sein Leben kaum führen. Gerade hat er sein Examen in Biologie gemacht, die geplante Promotion ist in dem Fach sozusagen Pflicht. Daneben spielt Crone Schlagzeug, versucht sich zwischendurch als Journalist – und ist einer von Peters’ unangenehmsten Gesprächspartnern. „Ein kritischer Typ, der kann besonders anstrengend sein“, erzählt der Bundestrainer. Genau das ist es aber auch, was ihm gefällt.

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