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Sport: Reglos im Souterrain

Hertha darf sich gerettet fühlen, überzeugend aber spielten die Berliner viel zu selten in dieser Saison

Berlin - Im Erdgeschoss des Olympiastadions passierte Marko Pantelic mit entblößtem Oberkörper den engen Korridor zwischen Sponsorenwand und Journalisten. Fragen beantworten mochte er nicht. Entschuldigend hob der Serbe kurz die Arme und sagte: „Ich spreche auf dem Platz.“ Sein zwölftes Saisontor hatte den samstäglichen Sieg Herthas über den Karlsruher SC geebnet. In Plauderlaune aber versetzte ihn der erste Erfolg nach acht sieglosen Spielen nicht.

Die selbstverordnete Sprachlosigkeit hat sicher mehrere Ursachen. Liegt es daran, dass man grundsätzlich gut daran tut, nach glücklich zustande gekommenen Siegen sich bedeckt zu halten? Vielleicht erscheint es dem Serben ja auch generell sinnvoll, den Mund zu halten. Denn wenn er erst einmal anfinge, die Dinge zu benennen, die vielleicht seiner Meinung nach nicht passen, würde er vermutlich den Zorn der Vereinsführung herausfordern. Gerade eben ist sein Mitspieler Josip Simunic für ein paar kritische Wort mit einem Bußgeld gekontert worden. Der geneigte Fußballinteressierte darf sich in diesem Fall aussuchen, welche Erklärung er für die wahrscheinlichere hält. Und wie in diesem speziellen Fall verhält es sich wohl auch im Allgemeinen. Wer will, der mag zum bevorstehenden Saisonende der umgekrempelten Mannschaft von Hertha BSC gewisse Fortentwicklungen bescheinigen. Das dürfte vor allem den Fans leichter fallen, die dem Verein überaus wohlwollend gegenüberstehen. Allerdings müsste diese Gruppe das Spiel gegen den Karlsruher SC ausklammern. Selbst Mannschaftskapitän Arne Friedrich fand, dass man nur „mit sehr, sehr viel Glück“ gewonnen habe. Man hätte genauso gut „unter die Räder“ geraten können, sagte er: „Stolz können wir nicht sein.“

Es gibt auch noch eine zweite Sicht der Dinge, die sich insbesondere bei jenen Fußballinteressierten hält, die nicht aus dem natürlichen Einzugsgebiet Herthas stammen. Aus einer nüchternen Distanz betrachtet, ist Hertha anno 2007/08 nicht so recht von der Stelle gekommen. Die Resultate lesen sich so: Die Hinrunde schloss Hertha als Tabellenzwölfter bei 20 Punkten ab, in der Rückrunde hat Hertha 18 Punkte gesammelt. Um jene 44 Punkte zum Abschluss zu erreichen, mit denen Hertha die vergangene Spielzeit vor dem großen Umbruch als Tabellenzehnter beendete, müsste Hertha in den drei ausstehenden Spiele in einen wahren Siegesrausch verfallen. Nach den letzten Eindrücken gilt dieses Zutrauen als gewagt.

Gemessen daran, dass Hertha mehr Spieler, als eine Elf fasst, aus der Anstellung entlassen und ebenso viele eingekauft – dafür auch noch gut 17 Millionen Euro ausgegeben hat –, ist ein Platz im Souterrain der Tabelle wenig. Zwingt sich die Frage auf, ob die Spieler, die geholt worden, besser sind als jene, die gegangen sind. Stand heute lässt sich diese Frage bestenfalls mit einem „Vielleicht“ beantworten. In der nächsten Saison, die Hertha nach dem Masterplan von Manager Dieter Hoeneß auf einem Uefa-Cup-Platz zu beenden hat, spätestens aber 2010, wenn Hertha nach den Vorstellungen von Hoeneß in die Champions League stürmt, ist diese Frage abschließend zu beantworten. Momentan gehört Geduld, viel Liebe und noch mehr Phantasie dazu.

Eines aber lässt sich schon jetzt festhalten: Attraktiver ist Hertha nicht geworden. Der Zuschauerschnitt im Olympiastadion entspricht in etwa dem der Vorsaison. Wer überwiegend belanglosen Fußball spielt, landet zwangsläufig im belanglosen Raum der Liga.

In den verbleibenden Spielen hat Hertha die Chance, den Gesamteindruck zu verfreundlichen. Mittwoch geht es ohne den verletzten Kapitän Friedrich nach Leverkusen, Samstag kommt Nürnberg und zum Saisonfinale fährt Hertha zu den Bayern. „Es ging darum, dieses Jahr gesichert durchzukommen“, sagte Hoeneß nach dem Glückssieg über den Aufsteiger aus Karlsruhe. Vergessen scheint das klare Saisonziel einstelliger Tabellenplatz.

Es gibt Gesprächsbedarf bei Hertha. Mit Christian Fiedler (33) wurde bereits geredet. Der Ersatztorwart verlängerte seinen Vertrag, laut „Berliner Morgenpost“, vorzeitig bis 2012. Ein Jahr soll Fiedler noch zum Kader zählen, danach Enver Maric als Torwarttrainer ablösen.

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