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Sport: Rehhagel tritt zurück: Der Maestro ist nicht mehr Trainer beim 1. FC Kaiserslautern

Beate und Otto Rehhagel frühstücken woanders. Sie flüchteten.

Beate und Otto Rehhagel frühstücken woanders. Sie flüchteten. Nur weg aus Kaiserslautern. Weg aus dem kleinen Örtchen Stelzenberg. Irgendwohin. Vielleicht zu Sohn Jens nach Köln. Oder zu Freunden nach Zürich. Dort klagte Rehhagel mal über die Ungerechtigkeit der Fußballwelt, als er bei Bayern München als "taktisch unfähiges Auslaufmodell" vor die Tür gesetzt wurde. Nun haben auch die Pfälzer ihren einstigen Fußballkönig verjagt. Beim 1:1 gegen Aufsteiger Cottbus brüllten sie ihn am Sonnabend wütend aus dem Fritz-Walter-Stadion. Am Sonntagnachmittag ging er dann selbst. Kurz nach vier am Nachmittag schoben sie auf der Geschäftsstelle die offizielle Bestätigung in die Faxmaschine.

Jetzt soll schnell ein neuer Mann kommen. Stefan Kuntz vom Karlsruher SC, Klaus Toppmöller aus Saarbrücken, der Urpfälzer Hans-Peter Briegel und sogar Ex-Bundestrainer Berti Vogts sind im Gespräch. Sollte es Briegel sein, wird auch um die Zukunft von Friedrich und Wischemann spekuliert, die Rehhagel manchmal wie Wachhunde mit plumpen Angriffen auf "die Schreiberlinge" verteidigten. "Jürgen Friedrich ist der Bitte von Otto Rehhagel nachgekommen", stand nun im Brief des Klubs. Und, dass Rehhagel nach fast vier Jahren auf eigenen Wunsch geht und auf Geld verzichtet. Diese Variante unter Freunden hatte ihm der Vorstandsvorsitzende Friedrich schon vor Wochen vorgeschlagen. "Eine Aufarbeitung in dieser sauberen Art und Weise kann nur unter Freunden stattfinden, obwohl es menschlich wehtut", teilte Friedrich mit.

Selten war der 62-jährige Rehhagel in seinem Trainerleben so am Ende. Er sprach kaum noch mit jemandem. Der Klub schaltete sogar die Lautsprecher in der großen "Halle des Volkes" aus, weil die Anhänger nur noch pfiffen, wenn Rehhagel in einer Flut von Floskeln über das Spiel schwadronierte. Das Verhältnis war tief zerrüttet. Dennoch - die FCK-Funktionäre bedankten sich offiziell bei Rehhagel "für die äußerst erfolgreiche und freundschaftliche Zusammenarbeit". Am Ende aber scheiterte der Maestro, der so gerne Goethe zitiert und sich die Aura des Unnahbaren gab, an seiner Unfähigkeit zur Teamarbeit.

Rehhagel kaufte seine Spieler nur bei seinem Freund, dem Spielerberater Wolfgang Vöge. Hinter jedem anderen Vorschlag witterte er Verrat. Hinweise und Kritik des ehemaligen Spielmachers Ciriaco Sforza gingen deshalb ebenso unter wie die von Briegel, den Rehhagel regelrecht rausekelte. Selbst als ihn Friedrich und der Aufsichtsratsvorsitzende Robert Wischemann am Ende der letzten Saison inständig baten, die Signale ernst zu nehmen, blieb Rehhagel bei seiner Verweigerungshaltung. Jetzt hinterlässt er eine Mannschaft, "in der manche nicht einmal mehr einen Pass über fünf Meter spielen können", wie Mario Basler meinte. Ohne spielerische Linie stolperten die FCK-Profis von einem Katastrophenspiel ins nächste.

Gestern morgen herrschte dann Belagerungszustand vor den Gittertoren am Trainingsplatz am Ende der Stadionstraße. "Es gibt wirklich nichts zu berichten", sagte Geschäftsführer Gerhard Herzog so oft, dass jeder ahnte, dass bald etwas passieren würdet. "Ich bin enttäuscht", sagte Basler, als es endlich raus war. "Am Ende haben sie regelrecht Jagd auf ihn gemacht. Jetzt hat die Mannschaft keine Ausreden mehr." Und Marco Reich fügte hinzu: "Wir haben ihm viel zu verdanken." Erst war es der Aufstieg, dann ein unglaublicher Meistertitel. Am Ende war es aber nur noch tiefe Ratlosigkeit und beängstigendes Mittelmaß.

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