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Sport: Reich trifft reicher

Vor dem Viertelfinale der Champions League beklagen die Bayern die Geschäftspolitik des FC Chelsea

Vor zwei Lufthansa-Schaltern im Terminal II des Münchner Flughafens prangte in Hochglanz das Emblem des FC Bayern, und nach und nach stellten die Mitglieder des Reisetrosses ihre Louis-Vuitton-Taschen auf dem Gepäckband ab. Dann schlenderten sie Richtung Check-In, allesamt angezogen im feinsten Tuch des Vereinsschneiders. Einen edlen Eindruck hinterließ die Equipe des Deutschen Meisters, wie immer, wenn sie in Europa auf Dienstreise ist.

Gemessen daran, in welchen wirtschaftlichen Kategorien die Verantwortlichen des morgigen Gegners im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals, dem FC Chelsea (20.45 Uhr, live in Sat.1), kalkulieren, verblasst der Münchner Luxus jedoch wie eine vergoldete Vereinsnadel neben der englischen Krone. 131,3 Millionen Euro hat der Londoner Klub allein vor dieser Saison zur Veredelung seines Teams ausgegeben. Chelseas Umsatz wird auf rund 300 Millionen Euro jährlich geschätzt, womit er beinahe doppelt so hoch läge wie der des FC Bayern (166,3 Millionen). Bayern Münchens mit Abstand teuerster Spieler der Vereinsgeschichte ist Roy Makaay (18,75 Millionen Euro). Chelsea kaufte allein in den vergangenen beiden Jahren acht Spieler, die mehr kosteten. Seitdem Roman Abramowitsch, der im Zuge der Privatisierung des Ölgeschäfts in der ehemaligen Sowjetunion sehr schnell sehr reich geworden ist, in sein neues Hobby investiert, sind die Dimensionen des europäischen Fußballgeschäfts gesprengt.

„Es ist nicht illegal, was Abramowitsch macht, es ist ja sein Geld, aber ich würde sagen, es ist nicht unbedingt gut für den Fußball“, sagt Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug nach London. „Die Markttendenz war ja rückläufig, Gehälter und Transfersummen sind zurückgegangen, aber dank Abramowitsch hat sich das für die Spieler nun nicht so entwickelt, wie der Trend das damals vorgegeben hat.“

Eine Zeit lang hatte es in der jüngeren Vergangenheit so ausgesehen, als sollte sich solides Wirtschaften für Vereine wie den FC Bayern endlich auszahlen. Doch anstelle einer grundlegenden Marktbereinigung hat Abramowitschs Eintritt das Koordinatensystem des Transfermarkts nun wieder durcheinander gebracht. Auch durch die Engagements anderer Großkapitalisten hat Rummenigge neue Verzerrungen in der kontinentalen Konkurrenz geortet: „Es gibt auch beim AC Milan einen Herrn Berlusconi, bei Inter Mailand einen Herrn Moratti. Wir haben sowieso keinen fairen Wettbewerb mehr in Europa.“ Im Gegenteil: Nicht nur durch Abramowitschs parallele Unterstützung von ZSKA Moskau sieht Rummenigge weiteren Anlass zur Sorge: „Was auffällt, ist, dass in Russland die Moskauer Klubs im großen Stil aufrüsten. Aber es ist nicht illegal, man wird es ihnen nicht verbieten können.“

Die Bayern wollen weiter die Verhältnismäßigkeit wahren. Zum Beispiel bei der derzeit heikelsten Personalie. Robert Kovac, der eine starke Saison spielt und neben Turin wohl noch einen anderen Interessenten vorzuweisen hat, lehnte ein erstes Münchner Angebot zu reduzierten Bezügen ab. Obwohl Manager Uli Hoeneß sich des Wertes des kroatischen Verteidigers bewusst ist, sträubt er sich dagegen, den Vorstellungen des Spielers nachzugeben. „Glauben Sie, dass der FC Bayern untergeht, wenn der Herr Kovac den Verein verlässt?“, sagte Hoeneß der „Süddeutschen Zeitung“. Kovac selbst signalisiert nun Verhandlungsbereitschaft. „Wir werden noch mal reden“, sagte er vor dem Abflug nach London.

Bei Robert Huth, der als möglicher Nachfolger gehandelt wird, warten die Münchner auf ein Zeichen seines Arbeitgebers Chelsea. Die Londoner müssten sich bei Verhandlungen allerdings auf mäßig spendable Bayern einrichten. „Wir werden unsere Philosophie nicht ändern“, sagt Rummenigge, „wir haben keinen Abramowitsch beim FC Bayern. Und im Prinzip wollen wir auch keinen haben.“

Daniel Pontzen[München]

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