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Sport: Reise ohne Touristen

Der Deutsche Leichtathletik-Verband schickt nur die Besten zur Weltmeisterschaft nach Helsinki

Berlin - Auf keinen Fall möchte der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) wohl mit einem Reisebüro verwechselt werden. Dem Verband soll keiner nachsagen, er hätte Touristen zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft nach Helsinki geschickt, die am Samstag beginnt. Deshalb verkleinert der DLV seine Mannschaft von Tag zu Tag, und zurzeit sind gerade noch 54 Athleten übrig.

Am Dienstag erwischte es den Kugelstoßer Detlef Bock. Er hatte am Freitag in Schönebeck nur 19,54 Meter weit gestoßen. Das reichte den Bundestrainern nicht. Die Leistungsbestätigung sei nicht erbracht, sagte der Leitende Bundestrainer Jürgen Mallow. Der Wolfsburger Bock hätte schon die B-Norm des Internationalen Leichtathletik-Verbandes erfüllen müssen. Die liegt bei 20 Metern.

Finanziell könnte sich der Verband vielleicht noch eine größere Reisegruppe leisten, aber sie passt nicht in sein neues Konzept. Nur mit den Besten will der DLV nach Helsinki fahren, dafür hat er strenge Normen aufgelegt und sogar Athleten wie Bock wieder ausgeladen, die schon zweimal in dieser Saison die Norm erfüllt hatten. 65 Athleten hatte der DLV im Juli nominiert. Selbst dieses Aufgebot war schon das kleinste des deutschen Verbandes, seit es Weltmeisterschaften gibt, also seit 1983. Zu den Olympischen Spielen waren im vergangenen Jahr 79 deutsche Leichtathleten gefahren.

Doch aus Athen hat der Verband seine Lehren gezogen. Zu viele Starter waren früh gescheitert und hatten auch den DLV mit ihren zum Teil drolligen Begründungen etwas lächerlich gemacht. Sina Schielke sagte nach ihrem Ausscheiden im Vorlauf über 100 Meter: „Ich bin noch nie in der ersten Runde schnell gewesen.“

Ob der DLV jedoch die richtigen Schlüsse gezogen hat, wird sich erst in Helsinki zeigen. Von seinen Athleten hat er jedenfalls in dieser Saison viel verlangt. Gut möglich, dass die Forderung nach mehreren Leistungsnachweisen bei einigen Athleten auch die Vorbereitung beeinträchtigt hat. Gerade auf den Langstrecken ist das Konzept des DLV umstritten.

Filmon Ghirmai beispielsweise beklagte sich über mangelndes Verständnis des Verbandes. Der 3000-Meter-Hindernisläufer aus Tübingen war in der vergangenen Woche aus dem Aufgebot gestrichen worden. „Eineinhalb Wochen vor der WM ist das eine große Enttäuschung“, sagte er. Bei einem Meeting in Stockholm war der Deutsche Meister dreizehn Sekunden über der B-Norm des Internationalen Verbandes geblieben. In Stockholm habe er aus voller Trainingsbelastung laufen müssen, sagte Ghirmai. Außerdem habe er sein Höhentrainingslager in St.Moritz wegen Beschwerden an der Achillessehne abbrechen müssen. In den Langstrecken wird der DLV in Helsinki bei den Männern nun gar nicht vertreten sein.

Lars Riedel ist es dagegen anders ergangen. Erst in der vergangenen Woche hat sich der Diskuswerfer für Helsinki qualifiziert, mit einem Wurf in Schönebeck über 65,86 Meter. Zuvor hatten ihn noch Rückenbeschwerden beeinträchtigt. Wenn der Olympiasieger die geforderte Weite von 65 Metern nicht übertroffen hätte, wäre er nicht mitgefahren. Als Nachwuchsförderung hätte der Verband seine Nominierung schließlich nicht darstellen können. Riedel ist 38 Jahre alt.

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