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Sport: Rempeln in Reihe eins

Boxpromoter Sauerland verlässt den deutschen Boxverband – aus Protest gegen rassistische Äußerungen

Berlin. Das deutsche Berufsboxen liefert sich gerade einen heftigen Schlagabtausch. Das Boxen hat den Ring verlassen und die erste Reihe erfasst. Wilfried Sauerland, neben Klaus-Peter Kohl einer der beiden führenden Boxmanager, wird den Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) verlassen und unter österreichischer Lizenz Kampfabende veranstalten. Auslöser sind Querelen um den ehemaligen Vizepräsidenten des BDB, Hans Högner, dem rassistische und antisemitische Äußerungen nachgesagt worden waren.

Hans Högner soll auf einer Boxveranstaltung im November des vergangenen Jahres nach der Niederlage des Algeriers Ramdane Kaoune gesagt haben: „Selber schuld. Dann hätte er in der Trainingshalle eben nicht faul auf dem Bauch liegen sollen, sondern arbeiten gehen. Oder zurück nach Algerien.“ Zudem soll Högner in der Vergangenheit mit ähnlichen Äußerungen aufgefallen sein. So soll er dem niederländischen Promoter-Ehepaar Henk und Edda Ruhling gegenüber gesagt haben: „Die Mauer muss wieder aufgebaut werden.“ Und: „Alle Juden raus aus Deutschland.“ Edda Ruhling erklärte das damals an Eides statt. Högner drohte seinerseits mit einer Verleumdungsklage.

„Dem Verband und Herrn Högner Ausländerfeindlichkeit vorzuwerfen, ist absurd“, findet Bodo Eckmann, Präsident des BDB. Man habe mehr ausländische als deutsche Boxer lizenziert und sei „den ausländischen Athleten als Verband sehr behilflich, etwa bei Aufenthaltsgenehmigungen“, sagte der Arzt aus Hamburg dem Tagesspiegel. „Wir praktizieren täglich Integration.“

Allerdings hatte Högner bereits im Mai des vergangenen Jahres erste Konsequenzen ziehen müssen und hat auf der Hauptversammlung des BDB sein Amt als Vizepräsident niedergelegt. Dennoch fungiert Högner weiterhin als offizieller Delegierter an Kampfabenden. Zu den neuerlichen Vorwürfen wollte Högner gestern keine Stellung beziehen. „Dazu sage ich nichts“, sagte Högner.

Eckmann dagegen versucht zu beschwichtigen: „Sicherlich ist der Satz über den Algerier so gefallen, aber er wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Ich stand ja neben Högner. Ich will das nicht schön reden, aber das ist weder Högners Absicht gewesen noch die Auffassung der BDB.“ Den Austritt des Sauerland-Stalls hält Eckmann für „eine persönliche Entscheidung von Wilfried Sauerland, die ich sehr bedauere und die ich in ihrer Bedeutung aber weder einschätzen noch kommentieren möchte“. Mit dem Austritt Sauerlands wird dem Verband jährlich ein sechsstelliger Eurobetrag fehlen.

Sauerland selbst sagte dem Tagesspiegel: „Ich habe keinen Rauswurf Högners verlangt, sondern eine Klärung der Vorwürfe. Unserem Anliegen wurde nicht entsprochen, darum haben wir jetzt gehandelt.“ Högner wird von Sauerland seit 2002 nicht mehr als offizieller BDB-Delegierter am Ring akzeptiert, ist aber noch immer Vizepräsident des europäischen Boxverbandes (EBU). „Unabhängig davon, dass die Äußerungen des Herrn Högner nicht in mein Weltbild passen – der BDB ist zum Handeln aufgefordert“, sagt Sauerland.

Auch Sauerlands Sportkoordinator Hagen Doering, der am Dienstag in Österreich über neue Lizenzen verhandelte, sagte: „Wir leben von unserem guten Ruf, und es gibt Leute, die diesen Ruf schädigen.“ Der frühere Büroleiter des ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm (CDU) hält Högner für „politisch umstritten. Die Äußerungen von Högner als offizieller Repräsentant sind katastrophal und eine Gefahr für das deutsche Berufsboxen. Högner muss bis zur Klärung der Vorwürfe suspendiert werden.“

In der Szene macht man sich Gedanken, auch bei der Sauerland-Konkurrenz, schließlich wird die ganze Branche in Misskredit gebracht. „Wenn die Äußerungen so gefallen sind, distanzieren wir uns zu hundert Prozent“, sagt Peter Hanraths, Geschäftsführer der Universum Box-Promotion. „Gerade wir haben viele ausländische Boxer unter Vertrag, wir sind Vorreiter in Deutschland.“

Peter Hanraths deutet jedoch auch an, dass durchaus auch „eine persönliche Kontroverse“ zwischen Sauerland und Högner im Vordergrund der momentanen Vorgänge stehen könnte. Deshalb ist Hanrath vorsichtig und sagt: „Wir können Högner nicht vorverurteilen. Der BDB soll die Angelegenheit aufklären.“

Sauerland kennt Högner seit vielen Jahren, sodass Hanraths’ Andeutungen durchaus nicht aus der Luft gegriffen scheinen. Sauerland aber sagt: „Wenn es nur persönliche Animositäten wären, hätte ich schon vor fünf Jahren Konsequenzen ziehen müssen.“ Und weiter: „Die Entscheidung hat nichts mit meiner persönlichen BDB-Mitgliedschaft zu tun. Es geht darum, dass die Sauerland Event GmbH unter einer anderen Lizenz veranstaltet.“ Für die Boxer und Zuschauer ändere sich nichts. Der nächste Kampfabend am 28. Februar wird teilweise schon unter „österreichischer Flagge“ laufen, sagt Sauerland.

BDB-Chef Bodo Eckmann hatte Sauerland ursprünglich vorgeschlagen, den Sachverhalt bis zur Hauptversammlung im Mai ruhen zu lassen. Aber zu lange im Ring zu tänzeln, ist auch nicht gut. Manchen Boxer ereilte so schon frühzeitig der K. o..

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