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Briatore

© ddp

Renault-Affäre: Ein Urteil zum Kuscheln

In der Unfallaffäre kommt Renault mit einer Bewährungsstrafe davon und steht dennoch vorm Formel-1-Ausstieg. Teamchef Flavio Briatore wird bis auf Weiteres gesperrt.

Berlin - Es blieb bei einem Klaps auf die Finger, doch auch der könnte zu hart gewesen sein. In der Affäre um einen inszenierten Unfall wurde der Formel-1-Rennstall Renault vom Sportgericht des Automobil-Weltverbands Fia zu einer zweijährigen Sperre verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Renault seinen Piloten Nelson Piquet Junior beim Grand Prix von Singapur 2008 zu einem Unfall angewiesen hat, um dessen Teamkollegen Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen. Allerdings wurde die Strafe trotz des Verstoßes von „beispielloser Schwere“ nur auf Bewährung ausgesprochen und tritt erst bei weiteren Verstößen in Kraft.

Härter traf es die mutmaßlichen Strippenzieher des in der Motorsportgeschichte einmaligen Vorfalls, die bereits von Renault abservierten Flavio Briatore und Pat Symonds. Der Chefingenieur Symonds, der Piquet mit einer Karte erklärt haben soll, wann und wo dieser in die Mauer rasen soll, um das Safetycar auf die Strecke zu holen und Alonso damit an die Spitze zu spülen, wurde mit einer fünfjährigen Sperre für alle Rennveranstaltungen der Fia belegt.

Teamchef Briatore, der die Formel 1 fast zwei Jahrzehnte mit seinen Tricks in Atem gehalten hatte, wurde „für einen unbegrenzten Zeitraum“ gesperrt. Das Sportgericht verurteilte vor allem, „dass er seine Verstrickung trotz aller Beweise weiterhin bestreitet“. Der Italiener, der nicht selbst zur 90-minütigen Verhandlung erschienen war, konnte auch nicht mehr auf Hilfe von seinem einstigen Freund Bernie Ecclestone hoffen. Zu sehr hatte Briatore auf den Job des Formel-1- Chefs geschielt, der ihn in der Affäre ohne ein Wimpernzucken fallen ließ. „Was sie getan haben, war sehr ernst. Dafür gibt es keine Entschuldigung“, sagte Ecclestone. Fernando Alonso wurde dagegen nicht bestraft. Das Sportgericht glaubt dem zweimaligen Weltmeister, nichts von der Aktion gewusst zu haben. Der Spanier bleibt auch der Sieger, da das Regelwerk eine nachträgliche Ergebnisänderung nicht mehr zulässt.

Auch der Verursacher ging straffrei aus – die Fia hatte ihm eine Kronzeugenregelung angeboten. Piquet, der den Vorfall nach seiner Entlassung bei Renault im Juli der Fia gemeldet hatte, zeigte sich „erleichtert“. Es tue ihm sehr leid für die Formel 1 und „alle guten Leute bei Renault. Ich bereue bitterlich, die Anweisungen befolgt zu haben.“ Briatore, gleichzeitig sein Teamchef und Manager, habe ihn isoliert und an den tiefsten Punkt in seinem Leben gebracht: „Ich bin von ihm benutzt worden, um dann fallen gelassen und lächerlich gemacht zu werden. Sein wahrer Charakter ist nun allen bekannt.“ Das Positivste an der Angelegenheit sei nun, „ dass so etwas nie wieder passieren wird“.

Das Kuschelurteil gegen Renault war allgemein erwartet worden. Ähnlich wie in der Spionageaffäre um McLaren und dessen Chef Ron Dennis ging es dem scheidenden Fia-Präsidenten Mosley wohl vor allem um den Kopf seines Gegenspielers Briatore. Weil Renault ihm mit der Trennung von Briatore und Symonds aber bereits zuvor die wichtigsten Trophäen überreicht hatte, rückte eine andere politische Überlegung in den Vordergrund: Mosley und Ecclestone mussten dafür Sorge tragen, dass Renault gerade hart genug bestraft wird, um die Franzosen nicht aus der kriselnden Formel 1 zu jagen. Dafür ließ Mosley die Einzeltätertheorie anwenden: „Wir haben ihnen die Bewährungsstrafe gegeben, weil Renault bewiesen hat, dass weder das Team noch das Unternehmen die Verantwortung trug.“

Ob diese Strategie aufgeht, ist allerdings fraglich. Ganz unabhängig von der Unfallaffäre und ungeachtet ihres vergleichsweise glimpflichen Ausgangs überlegen die Franzosen nämlich schon seit geraumer Zeit, ob eine Teilnahme an der kosten- und skandalintensiven Rennserie für sie noch Sinn macht. Renault akzeptierte die Bestrafung zwar und entschuldigte sich „vorbehaltlos bei der Formel-1-Welt für dieses unzumutbare Verhalten. Wir hoffen aufrichtig, dass wir diese Sache hinter uns lassen und uns konstruktiv auf die Zukunft konzentrieren können.“ Allerdings kündigte der Konzern für die kommenden Tage auch „weitere Informationen“ an. Es wäre durchaus eine Überraschung, wenn es sich bei diesen Informationen um etwas anderes als die Bekanntgabe des Formel-1-Ausstiegs handeln würde.

Als mögliche Kandidaten für die Übernahme des Rennstalls sind der viermalige Weltmeister Alain Prost und der frühere Chef des BAR-Rennstalls, David Richards, im Gespräch. Ursprünglich war diese Rolle Flavio Briatore zugedacht worden. Doch für ihn wird es anders als nach seinem Rauswurf bei Benetton 1997 kein Zurück mehr in die Formel 1 geben.

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