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Sport: Respekt vor dem Alten

Auch mit 37 Jahren ist Moses Tanui stark genug, den Berlin-Marathon zu gewinnen

Von Jörg Wenig

Berlin. Wer in Berlin gewinnt, der kommt offensichtlich gern zurück. Drei der Sieger der letzten vier Jahre werden am Sonntag bei der 29. Auflage des Berlin-Marathons starten: Joseph Ngolepus, der Gewinner von 2001, Simon Biwott (beide Kenia), der Sieger von 2000, und Ronaldo da Costa (Brasilien), der 1998 in der Streckenrekordzeit und damaligen Weltbestzeit von 2:06:05 Stunden gewann. Fast wäre auch noch der Gewinner von 1999, Josephat Kiprono, dabei gewesen, doch der Kenianer musste verletzungsbedingt passen. Dafür ist ein anderer Mann im Feld, der das erste Mal bei einem Straßenlauf in Berlin startet: Moses Tanui.

In den letzten zehn Jahren war der inzwischen 37-jährige Kenianer einer der besten Läufer Kenias. Und welche Respektsperson er in einem großen Lauf ist, hat Mark Milde, der beim Berlin-Marathon für die Verpflichtung der Topathleten zuständig ist, im Frühjahr in Wien beobachtet: „Wann immer Moses das Tempo veränderte, reagierten die anderen entsprechend. Sie haben regelrecht zu ihm aufgeschaut." Am Ende des Marathons, nach 2:10:25 Stunden, hieß der Sieger Moses Tanui.

Wenn man dem Kenianer diese Geschichte erzählt, lächelt er und sagt: „Das stimmt, besonders die jungen Athleten orientieren sich an mir." In Berlin allerdings hofft er auf ein gleichmäßiges Rennen, bei dem er sich zwischendurch nicht selbst um das Tempo an der Spitze kümmern muss. „Ich will mein eigenes Rennen laufen", sagt Moses Tanui. Im Mittelpunkt will er erst auf der Zielgeraden stehen.

Und was hätte er gemacht, wenn Haile Gebrselassie (Äthiopien) wie ursprünglich geplant am Start gewesen wäre und versucht hätte, eine Weltrekordzeit von unter 2:05 Stunden zu laufen? „Ich hätte kein Problem mit ihm gehabt, aber ich wäre sicherlich trotzdem mein eigenes Tempo gelaufen. Ein Marathon ist kein 10 000-m-Rennen", sagt Tanui, dessen Erinnerungen an die 10 000-m-Duelle mit dem äthiopischen Star nicht ganz so gut sind. Als Titelverteidiger war Moses Tanui 1993 bei den Weltmeisterschaften von Stuttgart ins Finale gegangen. Und vielleicht konnte ihn Haile Gebrselassie damals nur deshalb schlagen, weil er dem Kenianer vor der letzten Runde auf den Fuß getreten war. Tanui verlor dabei einen Schuh und wurde am Ende knapp geschlagen Zweiter. Es war Gebrselassies erster großer Sieg. „Haile ist ein sehr guter Athlet, aber was er damals gemacht hat, war nicht fair." Bei den zahlreichen Straßenläufen, auf die sich Moses Tanui fortan immer stärker konzentrierte, „ist mir so etwas nie wieder passiert".

Nachdem Moses Tanui bereits 1993 eine Halbmarathon-Weltbestzeit aufgestellt hatte (59:47 Minuten), feierte er auch über die klassische Distanz der 42,195 km große Erfolge. Zweimal gewann der Kenianer den Boston-Marathon, und seine drei Jahre alte Bestzeit von 2:06:16 Stunden ist bis heute die fünftbeste aller Zeiten. Um die schnelle Berliner Strecke wissend, hatte sein Manager Gabriele Rosa schon vor drei Jahren gesagt: „Wenn Moses hier in Bestform laufen würde, könnte er 2:05 Stunden rennen." Die Weltbestzeit steht seit dem London-Marathon im April bei 2:05:38. Doch kommt Moses Tanui mit 37 Jahren zu spät nach Berlin? „Ich werde noch zwei bis drei Jahre laufen und müsste auch in der Lage sein, ein großes Rennen wie das in Berlin zu gewinnen.“

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