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Sport: Rettung aus Gold

Die Österreicher trösten sich mit ihren Olympiasiegern über die Affäre hinweg

Montagabend war die gute Laune wieder nach Österreich zurückgekehrt, Benjamin Raich, Michaela Dorfmeister und der Skisprung-Mannschaft sei Dank. Mit drei Gold- und zwei Bronzemedaillen war der 20. Februar 2006 zum erfolgreichsten Tag in der österreichischen Olympia-Geschichte geworden, bereits jetzt sind die Spiele von Turin die bisher erfolgreichsten Winterspiele für Österreich. „Das war die würdige Antwort auf den Dopingskandal“, hieß es fast im Minutentakt im ORF-Olympiastudio, Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ließ sich mit dem Satz „Das ist die schönste Antwort auf die Affäre“ zitieren, und auch die Kronen-Zeitung, Österreichs Massenblatt, titelte am Dienstag euphorisch: „Da verblasst auch der Doping-Wirbel.“

Spätestens am Dienstag, als Felix Gottwald im Sprint der Nordischen Kombination die achte Goldmedaille für Österreich holte, war die Doping-Affäre bereits fast abgeschlossen. Dass der Biathlontrainer Walter Mayer mittlerweile in der psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt behandelt wird, ist zumindest im ORF nur noch eine Randnotiz. Zu schön war es auch für die Österreicher, dass ausgerechnet Gottwald gewonnen hatte: Der Salzburger gilt als ziemlicher Eigenbrötler, er trinkt vorwiegend ein esoterisch anmutendes Wasser, und wie der Chef aller Nordischen im Österreichischen Skiverband (ÖSV), der Ex-Springer Anton Innauer, genüsslich zu berichten wusste, habe Gottwald noch nie in seinem Leben etwas zu sich genommen: „Gottwald nimmt nicht einmal die erlaubten Nahrungsergänzungsmittel und wenn er Kopfweh hat, nicht einmal ein Pulverl.“

Gottwald, die Skispringer und vor allem die Alpinen sind also so etwas wie ein mentaler Rettungsanker für den allmächtigen ÖSV, und sie kommen gerade zur rechten Zeit. Denn es drängen sich doch noch eine Reihe Fragen auf. Wie kann es zum Beispiel sein, dass der ÖSV Mayer nach dessen IOC-Sperre überhaupt wieder eingestellt hat? Und warum, wenn der ÖSV mit Mayer unzufrieden war, konnte man sich von ihm nicht trennen?

Markus Huber[Wien]

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