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Sport: Rhetorische Hoffung

Borussia Dortmund muss in Mailand gewinnen – doch selbst ein Sieg wird wohl das Ausscheiden nicht verhindern

Dortmund. Das Geschehen auf dem Fußballplatz ist oft ein Spiegelbild des wahren Lebens. Zum Beispiel, wenn das Prinzip Hoffnung bemüht wird, weil die Tatsachen gegen einen sprechen. Borussia Dortmund macht da keine Ausnahme. Die Ausgangslage vor dem entscheidenden Spieltag in der Zwischenrundengruppe B der Champions League spricht gegen den Deutschen Meister: Der BVB muss am Dienstag beim AC Mailand gewinnen und darauf hoffen, dass Real Madrid in Moskau nicht dasselbe schafft.

Eine Rechnung mit zwei Unbekannten ist das, die voraussichtlich nicht aufgehen wird. Dennoch haben sie im Dortmunder Lager tapfer versucht, sich die Situation zumindest rhetorisch angenehm zu gestalten. So hat Nationalspieler Christoph Metzelder gesagt, für Moskau sei es eine Frage der Ehre, gegen Real Madrid gut auszusehen, und der Kollege Torsten Frings betonte, „eine kleine Chance ist noch da, die müssen wir unbedingt nutzen“.

In der Führungsetage des börsenorientierten Unternehmens wird pragmatischer gedacht. „Dass wir ausscheiden, damit muss man rechnen“, sagte BVB-Präsident Gerd Niebaum nach dem Heimsieg gegen Moskau. Dennoch seien die Spiele in der zweiten Gruppenphase hilfreich gewesen, „um zu sehen, wie weit unsere junge Mannschaft in ihrem Prozess ist“. Das Fazit: „Wir haben uns gegen Topteams behauptet.“ Wobei vor allem das furiose Heimspiel gegen Real in Erinnerung bleiben dürfte. Den Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit empfindet Niebaum noch immer als „Stich ins Herz“.

Während die Begegnung in Mailand nach dem frühzeitigen Aus im Pokal und im Titelrennen die letzte Möglichkeit bedeutet, in dieser Saison doch noch Großes zu leisten, ist das Spiel für die Gastgeber nahezu bedeutungslos. Das frühe Erreichen des Viertelfinals und der am Samstag anstehende italienische Gipfel gegen Juventus Turin sorgen dafür, dass der heutige Champions-League-Termin allenfalls als Randnotiz registriert wird. Am Mailänder Flughafen, wo normalerweise Scharen von Journalisten die Teams in Empfang nehmen, war bei der gestrigen Landung von Borussia Dortmund weder ein Kamerateam noch ein Berichterstatter zu sehen. Für die Pressekonferenz interessierten sich genau vier Mailänder Reporter.

Die konnten von BVB-Trainer Matthias Sammer erfahren, er werde sein Team offensiv ausrichten. „Wenn ich die Möglichkeit sehe, hier zu gewinnen, spiele ich notfalls auch mit vier Stürmern.“ Da gehen die Gastgeber weitaus betulicher zu Werke. So war zu vernehmen, Stars wie Inzaghi oder Nesta könnten durchaus für die Begegnung mit Juve geschont werden. Dortmunds Kapitän Stefan Reuter sind solche Gerüchte einerlei: „Da mache ich mir keinen Kopf drum, die haben sowieso einen so starken Kader, dass sie immer elf hochkarätige Leute auf den Platz bringen.“

Dagegen werden die Dortmunder auf einen ihrer Besten definitiv verzichten müssen: Tomas Rosicky trat die Reise in die Lombardei erst gar nicht an, sein Bluterguss im Oberschenkel erweist sich als unerwartet hartnäckige Geschichte. Zudem sind Jan Koller und Leonardo Dede angeschlagen, sollen jedoch auflaufen können.

Der Tscheche und der Brasilianer werden auch über diese Champions-League-Saison hinaus feste Größen in der Dortmunder Mannschaft bleiben. Über andere Akteure wird dagegen nachgedacht. Nach außen hin stellen sich Trainer und Präsidium zwar beharrlich vor die Mannschaft, intern herrscht jedoch große Unzufriedenheit über die schwachen Auftritte in Berlin, Stuttgart und Gladbach. Dürftige Spiele waren das, die alle Entscheidungsträger ins Grübeln gebracht haben. Mit dem Ergebnis, dass ein paar temperamentvollere Spieler gefunden werden sollen, die blutleere Vorstellungen wie zuletzt verhindern. „Wir werden demnächst auf der einen oder anderen Position neue Gesichter präsentieren“, sagt Präsident Niebaum. „Diese Mannschaft braucht unbedingt neue Impulse.“

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