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Sport: Ribbeck-Nachfolge: DFB-Präsidium fordert Geduld und weist Forderungen nach umfassender Strukturänderung zurück

Seit gestern gibt es einen weiteren Bewerber um den Posten des Bundestrainers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Ich stünde zur Verfügung, wenn ich gefragt werden würde", sagte Uli Stielike.

Seit gestern gibt es einen weiteren Bewerber um den Posten des Bundestrainers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Ich stünde zur Verfügung, wenn ich gefragt werden würde", sagte Uli Stielike. Es ist allerdings kaum zu befürchten, dass ihn jemand fragen wird. Stielike war drei Wochen vor der Europameisterschaft als Assistent von Erich Ribbeck entlassen worden, weil er in der Öffentlichkeit auf Distanz zu seinem Vorgesetzten gegangen war. Nun forderte er: "In Zukunft muss man auf charakterlich starke Spieler setzen, denn Deutschland ist in erster Linie daran gescheitert, dass Stolz und Ehrgeiz fehlen."

In Frankfurt (Main) tagte währenddessen das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), um ernsthaft über die Nachfolge Ribbecks zu beraten. Der Name Stielike dürfte dabei keine Rolle gespielt haben. Die Gespräche wurden ergebnislos vertagt. "Wir werden keine Namen kommentieren, weder positiv noch negativ", teilte DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach nach der Sitzung des DFB-Spitzengremiums mit. Vizepräsident Gerhard Mayer-Vorfelder, der hauptverantwortlich ist für Suche nach dem neuen Bundestrainer, hatte seinen Kollegen zunächst Bericht erstattet. "Es ist klar, dass sich eine deutsche Mannschaft niemals mehr so desolat präsentieren darf wie in der zweiten Halbzeit in Rotterdam", ergänzte Niersbach. Am Dienstagabend war die DFB-Auswahl nach einem 0:3 gegen Portugal aus dem EM-Turnier ausgeschieden.

Nachdem Mayer-Vorfelders erster Kandidat, der Leverkusener Christoph Daum, in einem Interview der Fachzeitschrift "kicker" gesagt hatte, dass er als Bundestrainer zunächst nicht zur Verfügung stehe, wird kaum damit gerechnet, dass eine schnelle Entscheidung fällt. Tägliche Wasserstandsmeldungen werde es nicht geben, kündigte Niersbach an. Die Suche könne sich bis in den kommenden Monat hinziehen. "Spätestens am 16. August beim Länderspiel in Hannover gegen Spanien soll der neue Mann auf der Bank sitzen", sagte Niersbach. "Unser Problem ist, alle Wunschkandidaten haben noch Verträge bei ihren Klubs", erläuterte DFB-Präsident Egidius Braun. Mit den Bundesliga-Vereinen stehe man im Dialog, die Entscheidung liege aber beim Verband. FC Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß hatte ein größeres Mitspracherecht der Vereine gefordert.

Auch über andere Forderungen aus der Bundesliga wurde diskutiert. Bayern Münchens Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge sprach sich für eine weitergreifende Reform des Umfeldes der DFB-Auswahl aus. Dieses müsse wesentlich professioneller gestaltet werden als bisher. "Wir müssen ein Umfeld schaffen, dass einen völligen Neuanfang garantiert", sagte Rummenigge. Er selbst wurde von Leverkusens Manager Reiner Calmund als idealer Kandidat für eine neu zu schaffende Funktion als "Teammanager" der DFB-Auswahl ins Gespräch gebracht. Auch über weitere Posten wurde debattiert, zum Beispiel über einen im direkten Umfeld der Mannschaft arbeitenden Manager, einen "Sportdirektor" oder "Technischen Direktor". Über diese Funktion könnten alle sportlichen Belange von den Junioren bis zur A-Mannschaft koordiniert werden. DFB-Vizepräsident Franz Beckenbauer hatte zudem dafür plädiert, große Teile des gesamten Trainerstabes des Verbandes zur Disposition zu stellen.

Auch Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser forderte dazu auf, dass Problem grundsätzlicher anzupacken. "Warum soll man jetzt in 14 Tagen stemmen, was in zwei, drei Monaten nicht gepackt wurde?", fragte der ehemalige DFB-Angestellte. Für Holzhäuser wäre es "kein Problem, wenn wir bis zum ersten Länderspiel keinen neuen Trainer hätten".

Aus dem DFB wurden die Forderungen nach Veränderungen zurückgewiesen. "Jeder, der uns neue Spieler beibringt oder die alten besser macht, ist willkommen", sagte DFB-Direktor Bernd Pfaff, der für das Management der Nationalelf verantwortlich ist. "Aber an den Leuten im Stab hat es nicht gelegen. Ich sehe da keinen Handlungsbedarf. Wir haben gute Verbindungen zur Bundesliga", meinte Pfaff. DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach erklärte: "Wir arbeiten im Umfeld der Nationalmannschaft professionell. Der DFB ist nicht verkrustet." Auch Mayer-Vorfelder wies die Vorwürfe zurück. Der DFB sei, so seine Einschätzung, sei "der bestorganisierte Verband der Welt".

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