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Aus dem Urlaub zum Titel. Dänemark, Sensationseuropameister von 1992.

© dpa

Richard Møller Nielsen im Interview: „Ich war perfekt vorbereitet“

Wie war das nochmal, 1992, als Dänemark Deutschland im EM-Finale besiegte? Dänemarks Trainer von damals spricht im Interview über geplatzte Ferien, ewigen Hundefraß und die Aussichten für das aktuelle Duell der beiden Ländern.

Von Benjamin Apitius

Herr Nielsen, Sie erfuhren erst zehn Tage vor der Europameisterschaft 1992 in Schweden, dass Ihre Mannschaft für Jugoslawien nachrücken soll. Was war in diesem Moment zu tun?

Die dänische Nationalmannschaft bestand damals aus 20 Spielern. 13 von ihnen spielten in der heimischen Superliga und sieben für andere europäische Vereine. Die Auslandsprofis, wie wir sie nannten, waren seit eineinhalb Wochen in den Ferien. Und die Superliga stand noch vor ihrem letzten Spieltag. Mein erster Anruf galt also dem dänischen Ligaverband.

Sie wollten den Spieltag vorziehen.
Richtig. Doch der Vorsitzende meinte, wir würden ja eh nur für die Vorrunde nach Schweden reisen und sollten uns bloß nicht allzu sehr blamieren. Er sah keinen Anlass, mich zu unterstützen.

Dann informierten Sie Ihre Spieler.
Die meisten freuten sich sehr über die Teilnahme. Andere reagierten nervös, ob sie der Aufgabe gewachsen seien. Mit den sieben Auslandsprofis fuhr ich direkt in ein Trainingslager nahe Kopenhagen, um ihre Trainingsrückstände so schnell wie möglich aufzuholen.

Traf es Sie als Trainer denn genauso unvorbereitet wie Ihre Spieler?

Seit März war bekannt, dass wir eventuell für Jugoslawien einspringen müssten. Ich sagte es zu niemandem, aber ich stellte mich seitdem auf jeden möglichen Gegner ein, und so war ich am Ende nahezu perfekt vorbereitet.

Wann war Ihre Mannschaft komplett?
Wir fuhren am Dienstag nach Schweden und hatten freitags bereits unser erstes Spiel gegen England.

War es für die Spieler denn mehr als nur ein Ausflug?

Aber selbstverständlich! Ich hatte in meiner Mannschaft viele Gewinnertypen. Und wir konzentrierten uns hundertprozentig auf das erste Spiel. So ging es dann von Spiel zu Spiel weiter.

Richard Møller Nielsen, 74, trainierte nach dem EM-Titel 1992 noch die Nationalmannschaften Finnlands und Israels.
Richard Møller Nielsen, 74, trainierte nach dem EM-Titel 1992 noch die Nationalmannschaften Finnlands und Israels.

© AFP

Vor dem Halbfinale gegen die Niederlande kam es dann zu dem legendären Besuch bei einer Fastfood-Kette.

Wir waren auf dem Rückweg von unserem Abschlusstraining. Dann tauchte plötzlich das gelbe „M“ auf, und einer meiner Spieler sagte zu mir : „Richard, Richard! Können wir heute nicht einen Burger bekommen, statt des ewigen Hundefraßes vom Doktor?“

Vom Doktor?
Unser Mannschaftsarzt war verantwortlich für das Essen. Und eigentlich hätten wir das nie gemacht. Aber das Training zuvor war eines der besten in meiner Laufbahn. Alle waren höchst motiviert. Und dann hielt ich den Doktor fest und rief, ja los, dann holt euch euren Burger.

Schließlich gewannen Sie auch das Finale gegen Deutschland. Hätten Sie das jemals für möglich gehalten?
Ich wollte von Anfang an Europameister werden. Alles andere wäre dumm.

Denkt Ihr Nachnachfolger Morten Olsen wohl ähnlich?

Das weiß ich nicht. Aber ich hoffe es.

Haben Sie eine Ahnung, wie man momentan gegen Deutschland besteht?
Ich kann Morten für dieses Spiel keinen Ratschlag geben. Aber ich denke, er ist ein sehr erfahrener Trainer und wird eine Lösung parat haben.

Vielleicht sollte er den Spielern vor dem Anpfiff noch ein paar Burger servieren.
Dafür bekommt er vom Doktor kein zweites Mal die Erlaubnis. Aber es würde sie sehr freuen, das weiß ich.

Die Fragen stellte Benjamin Apitius.

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