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Ausgehebelt. Die KG Frankfurt/Eisenhüttenstadt (hier in Blau), hat sich aus der Bundesliga zurückgezogen. Foto: Imago

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Ringen: Mit dem Rücken zur Matte

Vor der Europameisterschaft in Dortmund steckt die Bundesliga der Ringer in einer schweren Krise.

Noch 30 Tage, dann beginnen in Dortmund die Europameisterschaften der Ringer, nach 20 Jahren erstmals wieder in Deutschland. Ein Countdown auf der Homepage der Veranstaltung zählt sogar die Sekunden herunter, bis es endlich soweit ist. Die deutsche Ringerszene aber ist momentan trotzdem weit von jeglicher Euphorie entfernt. Der Grund: Die Bundesliga steckt in einer Krise. Mit dem ASV Hof und der KG Frankfurt/Eisenhüttenstadt zogen sich jüngst zwei Vereine für die kommende Saison aus der Eliteklasse zurück, der KSV Aalen, achtmaliger Deutscher Meister, entschied sich erst nach langem Hin und Her für einen Verbleib.

Welche Klubs treten im Sommer überhaupt noch zur nächsten Saison an? Und in welcher der beiden Staffeln? Darüber sind sich viele Bundesligisten nicht mehr im Klaren und kritisieren daher das Krisenmanagement des Deutschen Ringerbundes. „Wir sind es gewohnt, dass zunächst die Probleme der Vereine auf dem Rücken des DRB ausgetragen werden“, sagt DRB-Präsident Manfred Werner. Er wirft den Vereinen vor, zu wenig in ihre eigene Nachwuchsarbeit investiert und lieber ausländische Ringer zu absolut überhöhten Preisen verpflichtet zu haben. Einige Klubs hätten daher teilweise sogar Probleme gehabt, die Quote von vier deutschen Ringern pro Mannschaft zu erfüllen, beklagt er. Mit dieser „Preistreiberei“ seien sie nun gescheitert.

Im Etat des ASV Hof klaffte eine Lücke von 30 000 Euro. Die KG Frankfurt/Eisenhüttenstadt allerdings zieht sich nicht wegen finanzieller Engpässe zurück, vielmehr steckt der Grund in der gängigen Strategie der Konkurrenz: Sein Verein habe lange Zeit versucht, mit deutschen Talenten in der Bundesliga zu bestehen, aber permanent nur gegen den Abstieg gekämpft, sagt Frankfurts Geschäftsführer Jörn Levermann. „Um die Meisterschaft kann man nur mitringen, wenn man viel Geld für ausländische Spitzenringer aufbringt.“

Es habe die Zuschauer einfach gelangweilt, die eigene Mannschaft immer nur verlieren zu sehen, daher seien immer weniger Anhänger zu den Bundesliga-Kämpfen in die Halle gekommen. Sein Verein trete daher künftig nur noch in der Regionalliga an und konzentriere sich auf das, was er ohnehin am besten könne: die Nachwuchsförderung. „Wir wollen die jungen Ringer jetzt vor allem für internationale Wettkämpfe ausbilden“, sagt Levermann.

Da sowohl der ASV Hof als auch die KG Frankfurt/Eisenhüttenstadt in der Oststaffel der Bundesliga rangen, waren hier für die kommende Saison nur noch acht statt der zehn Mannschaften gemeldet. Daher versetzte der DRB den KSV Aalen von der West- in die Ostgruppe. Jeweils neun Teams sollten in den beiden Staffeln starten. Der Traditionsklub allerdings wollte das nicht hinnehmen und meldete kurzzeitig seinen Rückzug an. Die sportlich wesentlich unattraktivere Staffel sei mit zu starken finanziellen Einbußen verbunden, hieß es zunächst vonseiten des Vereins. Einen Tag später vermeldete dann aber der Klub doch den Rückzug vom Rückzug; seine Mitglieder protestierten.

Angesichts dieser chaotischen Verhältnisse fällt es schwer, an eine harmonische Europameisterschaft in Dortmund zu glauben. Verbandspräsident Werner aber tut das nach wie vor. Er hoffe, dass das Ringen in Deutschland einen Aufschwung erfahre, den dann auch die Vereine mit in die nächste Bundesligasaison nehmen könnten. Das Ringen sei in der vergangenen Zeit leider etwas ins Abseits gerückt. Es sei nicht mehr so einfach, mit internationalen Titeln Werbung für den Sport zu betreiben, da es „vor einigen Jahren nur einen Russen als Gegner gab, heute kommen Spitzenringer aus Aserbaidschan, Kasachstan, Armenien, Georgien hinzu“.

„Wir werden versuchen, bei der Heim-EM optimale Ergebnisse zu erzielen“, sagt Freistil-Bundestrainer Alexander Leipold, der bei der letzten EM in Deutschland, 1991 in Stuttgart, Gold gewann. Die jungen deutschen Talente bräuchten noch ein wenig, um sich zu entwickeln, glaubt er. Obwohl Leipold 2005 seine aktive Karriere beendete, dürfte er immer noch das bekannteste deutsche Ringer-Gesicht sein. Und das werde leider auch in Dortmund nur schwer zu toppen sein, gibt Werner zu.

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