zum Hauptinhalt

Sport: Risiko Reifen

Michael Schumachers Unfall hat etwas mit dem Konflikt der Hersteller zu tun

Michael Schumachers Abflug bei Tempo 345 in Monza hat Fragen aufgeworfen. Zum Beispiel die: War es der Reifenkonflikt in der Formel 1, der den Weltmeister in Lebensgefahr brachte? Inzwischen wurde bekannt: Der Reifen, den Bridgestone in Monza einsetzte, war eine neue Konstruktion – bisher auf Hochgeschwindigkeitsstrecken nicht im Einsatz. In Ungarn hatte Bridgestone diesen Reifentyp Ferrari schon einmal zur Verfügung gestellt, nach Spa wollte man ihn dann nicht mitnehmen: aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Noch hatte man den Reifen nicht unter Highspeed-Bedingungen getestet, und offenbar gab es bei den Experten schon im Vorfeld einige Zweifel an der Substanz der Reifen.

Doch dann verlor Schumacher in Belgien glatt und klar gegen Kimi Räikkönen. Michelin hatte offensichtlich einen Schritt nach vorn gemacht, allerdings diesen Vorteil anscheinend mit einer höheren Empfindlichkeit des Gummis bezahlt: Der Reifenschaden im freien Training bei Toyota-Pilot Ryan Briscoe, dann die Defekte im Rennen bei Coulthard, Button und Montoya sind Indizien dafür. Offiziell wird meist gesagt, die Unfälle seien durch gewisse Kanten in den Randsteinen oder Trümmerteilen auf der Strecke verursacht worden, aber so etwas gab es früher auch schon, und dennoch flogen den Fahrern meist nicht gleich die Gummifetzen um die Ohren.

Doch die Teams und Reifenhersteller lassen sich durch den Erfolgsdruck zum Risiko zwingen. Bridgestone fühlte sich auf Grund der Niederlage von Spa offenbar unter Zugzwang. Man probierte den neuen Reifen jetzt beim Test aus – um ihn möglicherweise in Monza im Rennen bringen zu können. Ob man sich das jetzt noch einmal anders überlegt, ist allerdings offen.

Generell steht außer Zweifel, dass der Reifenkrieg zwischen Michelin und Bridgestone in Bereiche führt, die allmählich wirklich gefährlich werden. Die Formel 1 ist in diesem Jahr allein auf Grund der Reifenentwicklung im Schnitt zwei bis drei Sekunden pro Runde schneller – dass in diesem Grenzbereich auch das Risiko von Schäden steigt, ist logisch. Auch Ralf Schumachers Highspeed-Crash in Indianapolis war schon die Folge eines Reifendefekts gewesen.

Einfach zu lösen ist das Problem allerdings nicht: Im Prinzip wäre der Reifenkonflikt nur durch einen vorgeschriebenen Einheitsreifen eines einzigen Herstellers zu beenden. Doch dagegen wehren sich viele Teams und vor allem die Reifenhersteller selbst, man will Konkurrenz, will sich im Wettbewerb profilieren. Der Versuch für 2005, das Wettrüsten dadurch einzudämmen, dass es nur noch drei Sätze Reifen für das gesamte Wochenende geben soll und nur einen für das Rennen‚ ist ein Ansatz. Wohin er führt, ist allerdings noch nicht sicher. Es gibt auch Experten, die befürchten, dass es dann gegen Rennende Reifenschäden durch Überlastung geben könnte, weil beide Hersteller wieder an die Genze der Belastbarkeit gehen müssten.

Trotzdem scheint die Reifenfrage im Moment für die Fia unter dem angeblich so auf Sicherheit bedachten Präsidenten Max Mosley nicht das große Thema zu sein. Der nervt derweil die Teams lieber mit allen möglichen neuen Vorschlägen, vor allem das Motorenreglement, Abmessungen, Flügelpositionen und anderes zu verändern. Dinge, die kaum einer will, Veränderungen, von denen die meisten überzeugt sind, dass man sie aus Sicherheitsgründen nicht braucht und dass viele davon nur Geld kosten.

Doch Mosley will sie mit aller Gewalt durchdrücken, dabei wäre ein schneller und genauer Blick auf das Risikothema Reifen durchaus angebracht. Bevor das letzte Quäntchen Glück die Fahrer bei einem Unfall verlässt.

Zur Startseite