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Erfolgreiche Schnipseljagd. Ramos stemmt den Henkelpott in die Höhe und versinkt gleich mit seinen Kollegen im Glitterregen.

© Reuters

Ronaldo entscheidet das Elfmeterschießen: Real Madrid gewinnt zum elften Mal die Champions League

Ein offener Schlagabtausch zwischen Real und Atletico Madrid endete erst mit einem Elfmeterschießen. Dort wurde ein Spieler zum tragischen Helden.

Die Nacht von Mailand war lang und warm und brauchte schon ein Elfmeterschießen, um überhaupt zu einem Ende zu kommen. Mitternacht war nicht mehr weit, als Cristiano Ronaldo vor gut 80000 Zuschauern im Stadio Giuseppe Meazza den entscheidenden Treffer setzte. Im Madrider Stadtderby, das wie 2014 das Finale der Champions League war, siegte Real mit 6:4 nach Elfmeterschießen. Es war der elfte Sieg im wichtigsten Klub-Wettbewerb der Welt, Atlético wartet weiter auf den ersten Triumph.
Es war ein Sieg der liederlichen Künstler über die Leidenschaft des Außenseiters im Duell spanischen Teams. Ja, Atlético kämpfte mit aller Macht und hatte Pech mit einem in der zweiten Halbzeit, bei einem von Antoine Griezmann an die Latte geschossenen Elfmeter. Und doch hatte Real das Spiel weitgehend im Griff und hätte es schon in den regulären 90 Minuten für sich entscheiden können, wenn Gareth Bale und Karim Benzema Großchancen in der Schlussphase zu einem zweiten Tor genutzt hätten.
Real nahm das anfängliche Angebot zur Spielgestaltung dankbar an. Atlético bekam in dieser turbulenten Anfangsphase nur eine Konterchance, Dani Carvajal unterband sie auf Kosten einer Gelben Karte mit einem Foul an Antoine Griezmann. Dann aber war wieder Real an der Reihe, und das mit durchschlagendem Erfolg. Alles nahm nach einer Viertelstunde seinen Anfang bei Toni Kroos. Der deutsche Nationalspieler zirkelte einen Freistoß nach einer Viertelstunde aus halblinker Position mit viel Effet in die Mitte. Bale verlängerte mit dem Kopf in den Torraum, wo Sergio Ramos wohl eine Winzigkeit im Abseits stand und dem Ball allein vor Torwart Jan Oblak die letzte und entscheidende Richtungsänderung ermöglichte.

Ramos hatte schon im Finale 2014 getroffen

Ausgerechnet Sergio Ramos! Reals virtuoser Innenverteidiger hatte schon vor zwei Jahren in Lissabon Atléticos Traum vom Gewinn der Champions League platzen lassen. Damals hatte der ewige Außenseiter bis in die Verlängerung hinein 1:0 vorn gelegen, bis dann Ramos per Kopf noch den Ausgleich schaffte und die Verlängerung erzwang, in der Atlético emotional und körperlich nichts mehr zuzusetzen hatte und am Ende 1:4 unterging. Diesmal nun bescherte Ramos seiner Mannschaft mit dem frühen Führungstor eine Ausgangslage, wie sie sein Trainer, der große Künstler Zinedine Zidane, nicht schöner hätte malen können. Natürlich hatten sie Respekt vor Atléticos Guerilla-Stil, vor dieser Treibjagd auf dem Rasen, die es jeder auf Ballbesitz ausgerichteten Mannschaft schwer macht. Aber von dieser Taktik musste sich Diego Simeone frühzeitig verabschieden, und die aktive Gestaltung liegt seiner Mannschaft nun mal nicht besonders. Zwar verlagerte sich das Geschehen in der Folgezeit immer stärker auf die andere Seite des Platzes. Aber Reals Personal kam damit gut zurecht, profitierte dabei von der Ballsicherheit von Kroos, Casemiro und vor allem Luka Modric.

Der Anfang des Triumphs. Sergio Ramos bringt Real 1:0 in Führung.
Der Anfang des Triumphs. Sergio Ramos bringt Real 1:0 in Führung.

© Reuters

Dass diese das Spiel nun nicht mehr so offensiv aufzogen, kam nur einem ihrer Kollegen nicht zupass. Cristiano Ronaldo fand so gut wie gar nicht ins Spiel. Entscheidender aber war, dass die von Real angestrengte Verdichtung des Raumes Atlético kaum eine Chance ermöglichte, das Spiel zu drehen. Augusto Fernandez und Saul Niguez blieben weit unter ihren Möglichkeiten, und Fernando Torres... Ja, was war eigentlich mit Torres, dem Mann, der vorher das Spiel seines Lebens angekündigt hatte? Atléticos Klubheld war kaum zu sehen und war eigentlich ein logischer Kandidat für eine Auswechslung. Trainer Diego Simeone ließ ihn dann doch auf dem Platz, und er tat gut daran. Es war der bis dahin so glücklose Stürmer, der Atlético gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit die große Chance zum Ausgleich ermöglichte. Griezmanns flaches Zuspiel wollte Torres mit dem Rücken zum Tor stehend annehmen, aber da kam von hinten schon Reals Portugiese Pepe herangestürmt und ging so plump in den Zweikampf, dass Schiedsrichter Mark Clattenburg schwerlich auf etwas anderes als Elfmeter entscheiden konnte. Der filigrane Griezmann schritt zur Exekution und verzichtete auf alles Filigrane, was dem Ergebnis allerdings gar nicht gut bekam. Der Ball prallte an die Unterkante der Latte und von dort zurück auf den Rasen.

Carrasco sollte schon raus, dann trifft und küsst er

Es spricht für Atléticos Mentalität, aber auch für die gewachsene Spielkunst dieser Mannschaft, dass sie das Spiel auch nach diesem Rückschlag leidenschaftlich nach vorn trieb. Real verlor zwar nicht die Kontrolle, litt aber zunehmend unter Ronaldos demonstrativer Lustlosigkeit. Karim Benzema verbaselte eine perfekte Chance für ein zweites Tor, dann tat es ihm Bale gleich, und so viel Fahrlässigkeit rächt sich irgendwann. Im konkreten Fall war es ein Chip von Gabi in den Lauf zu Juanfran, dessen Eingabe der zur zweiten Halbzeit eingewechselte Yannick Carrasco aus nächster Distanz ins Tor drosch! Obwohl er eigentlich ausgewechselt werden sollte, küsste er zur Feier des Tores eineDame am Spielfeldrand. Zehn Minuten vor Schluss war alles wieder offen.

Toni Kroos erlebte das finale Drama von der Bank aus, er hatte kurz vor dem Ausgleich für Isco Platz gemacht. Was er zu sehen bekam, kam dem Szenario eines offenen Schlagabtauschs sehr nahe. Beide Mannschaften verloren bedenklich oft die Grundordnung und schleppten sich irgendwie ins Elfmeterschießen. Dort trafen dann alle – bis auf Atléticos Juanfran.

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