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Hinten reingesetzt. Marcel Hacker (re.) wurde von Bundestrainer Marcus Schwarzrock zu Stephan Krüger (li.) ins Boot beordert. Die Chemie stimmt mittlerweile.

© dpa

Ruder-WM in Frankreich: Zweckehe mit Siegeschancen

Marcel Hacker und Stephan Krüger hoffen auf eine Medaille bei der Ruder-WM. Um das Ziel zu erreichen, hat Ruderlegende Hacker eine Wandlung vollzogen.

Die Rückkehr zum See von Aiguebelette ist für Marcel Hacker auch eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Und das gleich in zweierlei Hinsicht. 1997 war der damals 20-Jährige zum ersten Mal bei einer Ruder-Weltmeisterschaft dabei. Damals gewann er mit Jens Burow, Marco Geisler und Stefan Roehnert die Silbermedaille im Doppelvierer. 18 Jahre später ist er wieder zurück – nach einer langen Zeit als Einer-Solist. Am Sonntag kann die 38 Jahre alte Ruderlegende wieder eine Medaille gewinnen (im ZDF ab 14.40 Uhr) - zusammen mit dem zwölf Jahre jüngeren Stephan Krüger im Doppelzweier.

Ganz freiwillig ist das nicht passiert, wie Marcel Hacker zugibt: „Das war die Idee des Verbandes. Der Cheftrainer hat mich da reingesetzt.“ Passiert ist das nach dem nationalen Leistungstest. Der jahrelange Dominator Hacker belegte im Einer überraschend nur Platz zwei hinter Stephan Krüger. Der Rostocker hatte damit die freie Auswahl und entschied sich gegen einen Start im Einer bei den internationalen Großereignissen – auch weil dort die Konkurrenz gewaltig ist. Stattdessen gab er dem Doppelzweier den Vorrang, in dem er seine größten sportlichen Erfolge gefeiert hat. Und Hacker wurde von Cheftrainer Marcus Schwarzrock einfach hinten reingesetzt.

„Ich sehe im Doppelzweier eine größere Medaillenchance als im Einer – sowohl bei der WM als auch bei den Olympischen Spielen in Rio. Schließlich sitze ich mit dem stärksten Individualisten des Deutschen Ruderverbandes im Boot“, sagt Krüger. Dass diese Wahl schlau ist, hat sich schon bei den Europameisterschaften gezeigt, als die Zweckehe mit Gold belohnt wurde. Auch Hacker sieht die Sache professionell und sagt: „Da bin ich wenigstens mal nicht allein auf dem Wasser.“

Der Routinier hat für sich die Chance erkannt, dass er es auf diesem Weg zum fünften Mal zu den Olympischen Spielen schaffen und sich vielleicht sogar seinen größten sportlichen Traum erfüllen kann: „Einen kompletten Medaillensatz von der WM habe ich ja schon hängen. Aber Olympia-Gold wäre schon die Krönung.“ Dafür ist ihm offenbar die perfekte Wandlung vom Individualisten zum Teamplayer gelungen. Stephan Krüger lobt seinen neuen Mitfahrer jedenfalls in den höchsten Tönen: „Keiner spielt sich in den Vordergrund, keiner dominiert. Wir wollen dieses Projekt gemeinsam erfolgreich werden lassen.“

Das funktioniert, weil sich beide akzeptieren. Krüger hat höchsten Respekt vor der Lebensleistung des schon fast zwei Jahrzehnte in der Weltspitze aktiven Marcel Hacker. Der wiederum weiß umgekehrt, dass er mit dem Ex-Weltmeister Krüger einen der weltbesten Doppelzweier-Spezialisten an seiner Seite hat. Überhaupt hat Hacker nichts gegen einen Einsatz in einem Teamboot, wie er standhaft behauptet: „Ich würde auch im Deutschland-Achter fahren, wenn mich einer fragen würde. Aber Herr Holtmeyer hat mich noch nie gefragt.“

Also fährt er mit Stephan Krüger im Doppelzweier – und lebt bei der WM in Frankreich auch mit ihm im Doppelzimmer. Ab und zu trinken die beiden ein Radler zusammen, manchmal wird auch über sportliche oder politische Themen diskutiert. „Wir sind beide ordentlich, das ist gut. Wir lassen uns auch oft einfach in Ruhe“, berichtet Krüger. „Das ist bei Männern anders als bei Frauen. Wir müssen nicht immer reden. Hauptsache, es läuft im Boot.“ Es ist halt nur eine Zweckehe. Aber eine mit guten Erfolgschancen.

Lars Becker

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