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Maenner Rugby 7er EM Hannover Seven: Deutschland - Russland

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Rugby: Mehr Punkte als blaue Flecken

Die deutsche Siebener-Rugby-Nationalmannschaft der Frauen wird bei der EM Vierter und wirbt für sich.

Von Christian Otto

Die junge Frau mit dem Pferdeschwanz, der beim Sprinten so schön hin und her flatterte, machte Werbung für ihren Sport. Als Alysha Stone vom Heidelberger SK gestern mit dem Rugby-Ei unter dem Arm in Richtung Mal-Feld rannte, wurde sie von rund 5500 Zuschauern frenetisch angefeuert. Es reichte für die deutsche Siebener-Rugby-Nationalmannschaft zwar nur zu Platz vier bei der Europameisterschaft. Aber das zweitägige Turnier mit den schnellen deutschen Frauen diente als schöner Beleg dafür, warum sich diese Sportart durchaus Hoffnungen auf einen Platz im olympischen Programm macht. Rugby zu siebt ist schneller, flüssiger und irgendwie moderner. Es gibt eindeutig mehr Punkte als blaue Flecken zu beklatschen.

Dass Hannover eine recht schwungvolle Rugby-Darbietung erlebte, lag an der Dynamik dieser Sportart. Und am Leistungsgefälle im Feld der zehn Frauen- und Männermannschaften. Die deutschen Männer etwa blieben chancenlos und wurden Neunte. Bei den Männern gewann Russland den Titel, Europameister bei den Frauen wurde England. „Das Siebener-Rugby ist nicht gerade meine Spezialität“, gestand Nationalspieler Robert Mohr, der sein Geld eigentlich als „richtiger“ Profi beim französischen Zweitligisten La Rochelle verdient, aber trotzdem Spaß an der irgendwie lustigeren Rugby-Variante findet. Statt 15 Feldspielern werden pro Mannschaft nur sieben aufgeboten. Weil es kaum Spielunterbrechungen gibt, rennen ständig die Ersatzleute aufs Feld und verteilen kühle Getränke. Ein zwei mal sieben Minuten langes Spiel wird hier nicht von Muskelmasse und dem für Rugby typischen Gedränge dominiert. Es gibt vielmehr flotte Spielzüge zu bestaunen, die auch Laien verstehen. Das Ganze ist kurzweilig und wirkt so, als habe jemand beim klassischen Rugby so richtig aufgeräumt und den Staub von Jahrzehnten einfach davongeblasen.

Noch kämpft der Sport um Aufmerksamkeit. Während Rugby in England, Südafrika, Neuseeland oder Frankreich Kultstatus genießt, gehört die Sportart hierzulande – ob nun mit sieben oder mit 15 Spielern – immer noch zu den Außenseitern. Also darf eine EM wie die gestrige durchaus auch als eine Art Werbeveranstaltung verstanden werden. Selbst die besten Nationalspieler bei den sogenannten „Hannover Sevens“ genossen es, wenn sie von Zuschauern auf ihre Sportart angesprochen wurden. Weil die Arena in Hannover nicht genügend Platz für 20 Mannschaften bietet, die spielen, sich dehnen oder pausieren, gab es rund um das riesige Stadion schöne Szenen zu beobachten. Auf den Grünflächen zwischen Stadion und Maschsee trafen Einheimische beim Gassi-Gehen auf Modellathleten, die sich vor ihren Spielen aufwärmten und ihre Körper aufeinanderprallen ließen. Siebener-Rugby wird, das scheint zum Kodex dieser schmerzunempfindlichen Sportler zu gehören, nur mit Mundschutz gespielt. Der Rest des Körpers muss durch Körperspannung geschützt werden.

Wie viele neue Freunde des Siebener- Rugbys bei den Hannover Sevens wirklich gefunden wurden, lässt sich nur erahnen. Zumindest einer in der niedersächsischen Landeshauptstadt sieht die Sache äußerst kritisch. Martin Kind, der Präsident des Fußball-Erstligisten Hannover 96, wollte das Turnier schon im Vorjahr verbannen. Der Mann konnte sich aber nicht durchsetzen, und das hatte Folgen. Der Rasen im Stadion sah nach dem gestrigen Finale so ramponiert aus, als bräuchte er eine mindestens siebenwöchige Ruhepause.

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