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Rugy-WM

© AFP

Rugby-WM: Fallende Plüschhähne

Die Halbfinal-Niederlage bei der Rugby-WM gegen England stürzt Gastgeber Frankreich in tiefe Trauer. Ein Fehler kostete das Finale.

Am Ende war Damien Traille nicht der einzige, der daneben gegriffen hatte. Nach der 9:14-Niederlage Frankreichs im Halbfinale der Rugby-WM gegen England entschied sich die Stadionregie für den Chanson „Non, je ne regrette rien“ von Edith Piaf. „Nein, ich bereue nichts“, schallte es durch das Stade de France. Weiter konnte man bei der Einschätzung des Gemütszustands der Franzosen nicht daneben liegen. Auf andere Art tat dies Traille, der Schlussmann der WM-Gastgeber, der sich gleich in der zweiten Spielminute verschätzte, als er kurz vor der Mallinie einen Steilpass der Engländer abfangen wollte. Er sei ausgerutscht und wollte, rechterhand von der Seitenauslinie in seiner Wahl eingeschränkt, einen gefährlichen Einwurf für die Engländer verhindern, erklärte Traille hinterher. Für die Bestrafung sorgte Josh Lewsey. Der Engländer kam angerauscht, schnappte sich den vom Boden zurück springenden Ball und warf sich mit einer solchen Wucht den fünf Punkten für seinen Versuch entgegen, dass der im Weg stehende Traille mit über die Mallinie flog.

Wie sehr er diesen Fehler bereuen würde, wurde Traille erst in der Schlussphase des Spiels klar. Mit genau fünf Punkten Vorsprung zog England ins WM-Finale ein, der Gastgeber Frankreich muss sich mit dem Spiel um Platz Drei begnügen. Im zweiten Halbfinale standen sich Südafrika und Argentinien gegenüber (nach Redaktionsschluss beendet).

Lange hatte es nach einem Sieg der Franzosen ausgesehen. Nach drei verwandelten Straftritten des 21-jährigen Lionel Beauxis führten die Franzosen in der 43. Minute mit 9:5. Die Stimmung im Stade de France und am Eiffelturm, wo 70 000 Fans das Spiel auf einer Leinwand verfolgten, war auf dem Höhepunkt. Zudem wurde Publikumsliebling Sébastien Chabal schon in der 25. Minute und nicht wie gewöhnlich erst Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt.

Aber genau dieser verletzungsbedingte Wechsel brachte die Franzosen von ihrer üblichen Strategie ab. Die besteht darin, mit der Einwechslung von Schwergewichten wie Chabal den Gegner physisch zu ermüden. Gegen Ende des Spiels war Chabal selbst müde, und so punkteten nur noch die Engländer: In der 74. Minute brachte Jonny Wilkinson den amtierenden Weltmeister nach seinem zweiten verwandelten Straftritt erstmals wieder in Führung, um kurz darauf den 14:9-Endstand zu erzielen.

Nach dem Spiel kannte das Bedauern auf Seiten der Franzosen keine Grenzen. Vor dem Eiffelturm rissen sich die Fans ihre Plüschhähne von den Köpfen, während Frankreichs Trainer Bernard Laporte unbeirrt davon sprach, man müsse sich von der Niederlage bis zum Spiel am „nächsten Samstag“ erholen. Dann findet das Finale der Weltmeisterschaft statt, die Franzosen aber spielen im kleinen Finale bereits am Freitag. Nein, eine Niederlage gegen England war nicht vorgesehen.

Matthias Sander

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