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Sport: Ruhe im Sturm

Schalke 04 hat in elf Spielen erst elf Tore erzielt und gerät langsam in die Krise

Von Karsten Doneck, dpa

Am Einsatzwillen mangelte es nicht. Keine 90 Sekunden waren in Hamburgs ausverkaufter AOL-Arena gespielt, da hatte Lincoln schon mal gegen David Jarolim kräftig hingelangt und Kuranyi, der Stürmer, den Schweizer Raphael Wicky getreten. Zwei Fouls, mit denen sich Schalke 04 beim HSV früh Respekt verschaffen wollte. Das schien nötig, hatte sich die Mannschaft doch am Dienstag zuvor noch dem Spott ausgeliefert: 0:6 im DFB-Pokal bei Eintracht Frankfurt – nicht nur ein Ergebnis, vielmehr ein Schock. Indes: Den Wiedergutmachungsversuchen stand in Hamburg ein kampffreudiger HSV im Wege, der das Dilemma der Schalker mit dem 1:0 (1:0)-Sieg noch vergrößerte. „Der HSV war uns in einigen Punkten überlegen, besonders vor der Pause“, musste Schalkes Trainer Ralf Rangnick zugeben.

Rudi Assauer, Schalkes allgewaltiger Manager, flüchtete hinterher in die Rolle des Charmeurs. Als eine Reporterin von ihm hören wollte, wie denn Besserung eintreten könne, flötete Assauer zurück: „Vielleicht setzen wir in Zukunft mal Damen bei uns ein. Dann erschrecken sich die Gegner.“ Das Witzereißen auf Schalke war aber schon tags darauf vorbei. Sonntagfrüh ließ Assauer in seinem Büro den erweiterten Spielerrat antreten – zur Krisensitzung. Rangnick saß mit in der Runde, als ihm Assauer demonstrativ den Rücken stärkte und der Mannschaft eindringlich ins Gewissen redete.

Auf Schalke ist längst Ernüchterung eingekehrt. Champions League, DFB-Pokal, Bundesliga – in allen drei Wettbewerben verfolgte der Verein in dieser Saison große Ziele. Dem Ausscheiden im DFB-Pokal in Frankfurt könnte am Dienstag (20.45 Uhr, live bei Premiere) im Heimspiel gegen Fenerbahce Istanbul der vorzeitige K.o. in der Champions League folgen. Schalke muss gewinnen, um die Chance aufs Weiterkommen zu wahren. Zudem ließ die erste Saisonniederlage in der Bundesliga am Samstag beim HSV die Schalker in der Tabelle auf unliebsame Distanz gehen. „Wir haben jetzt sechs Punkte Rückstand auf Platz drei. Natürlich ist das nicht das, was wir uns vorgestellt haben“, sagt Ralf Rangnick.

Natürlich wird im Falle von Misserfolg zuallererst der Trainer in Frage gestellt. Diese Regel gilt auch bei Schalke. Assauer sträubt sich, da mitzudiskutieren: „Nicht unser Trainer steht auf Platz vier der Tabelle, sondern die Mannschaft.“ Schon der Blick auf die Statistik verrät, warum Schalke in der Bundesliga nicht vorankommt. In elf Spielen hat die Mannschaft gerade mal elf Tore erzielt.

Und das bei namhaften Stürmern wie Sören Larsen, Kevin Kuranyi und Ebbe Sand. Kuranyi war mit 6,9 Millionen Euro Ablöse der teuerste Einkauf der Saison. Ihm fehlt aber bisher noch die Bindung zu den neuen Mitspielern. Vorwürfe an ihn gibt es nicht. Eher an die, die Kuranyi aus dem Mittelfeld heraus mit Vorlagen versorgen sollen. „Wir haben oftmals den Ball nicht venünftig in den gegnerischen Strafraum bringen können“, klagte Rangnick in Hamburg.

Vor einer Dramatisierung der Lage warnt Assauer. „Es soll keiner denken, wir liegen am Boden. Die entscheidenden Schlachten kommen noch – später.“ Doch der Geduld der treuen Schalker Fans sind Grenzen gesetzt. Als der Mannschaftsbus der Schalker aus der AOL-Arena rollte, hatten sich ein paar Dutzend Anhänger an der Ausfahrt postiert, um ihrem Unmut Luft zu verschaffen. „Wir sind Schalker – und ihr nicht!“, brüllten sie den abfahrenden Profis in Spechchören ihre Wut hinterher. Schalkes Torwart Frank Rost wies schon mal den Weg aus der Misere: „Jeder bei uns muss wissen: Es lohnt sich, füreinander zu kämpfen.“

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