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Sport: Rummelfechten in Peking

Chinaexpertin Heidemann muss mit mehr Mikrofonen als Gegnern kämpfen

Nur einen Moment gab es in diesen Tagen von Peking, als die Degenfechterin Britta Heidemann überhaupt nichts sagen wollte. Einsam saß sie im Dunkel der olympischen Fechthalle und antwortete nicht auf die tröstenden Worte ihrer Teamkolleginnen. Irgendwann stand Britta Heidemann auf, ließ die dargereichten Mikrofone der Fernsehteams und Journalisten außer Acht und flüchtete durch eine Tür in den Innenbereich. Mit Tränen in den Augen.

Britta Heidemann hat im Halbfinale der Degen-Mannschaftsweltmeisterschaft in Peking das entscheidende Gefecht im Sudden Death gegen die Chinesin Zhong Weiping verloren. Anschließend siegte die deutsche Mannschaft im Kampf um Platz drei gegen Polen (45:35), Weltmeister wurde Frankreich. Das Minimalziel war erreicht, nach der Silbermedaille der Florett-Herren am Vortag hat der Deutsche Fechterbund seine zweite WM-Medaille gewonnen. Trotzdem war niemand so ganz zufrieden. „Es war die sechste Silber- oder Bronzemedaille in Folge, deshalb hätten wir hier gerne auch einmal Gold gewonnen“, sagte Britta Heidemann. Zwar war die Niederlage im Halbfinale gegen China (24:25) unglücklich zustande gekommen. „Mit einem Treffer zu verlieren, kann immer mal passieren“, sagte Heidemann, „das ist Pech.“ Trotzdem hat sie ihre Lehren gezogen.

„Die Journalisten lassen ja nicht von mir ab, deshalb war das eine sehr gute Vorbereitung für die Olympischen Spiele“, sagte die amtierende Degen-Weltmeisterin und Chinaexpertin, „ich werde noch besser aussortieren, welche Reportage oder Statements ich mitmache und welche nicht.“ Sie fühlte sich vom Medienrummel abgelenkt. Im August wird sie deshalb nicht mehr so oft vor den Kameras zu finden sein. Sondern eher im olympischen Dorf. „Dafür ist es ja auch da, damit man sich zurückziehen kann“, sagte sie.

Nicht nur zahlreiche deutsche Fernsehteams und Journalisten wollten von der Studentin der chinesischen Regionalwissenschaft Einschätzungen haben. Auch deren chinesische Kollegen warteten auf sie. Sie wissen, dass Heidemann ihre Sprache sehr gut beherrscht. Als Teenager reiste sie erstmals ins Reich der Mitte, seitdem kommt sie fast jedes Jahr zurück. In Deutschland hat sich die 25 Jahre alte Studentin in den letzten Monaten zur inoffiziellen Sprecherin der deutschen Olympiamannschaft entwickelt. Als der Menschenrechts- und Sportausschuss des Bundestags im Januar eine Anhörung zu den Olympischen Spielen abhielt, lud er Britta Heidemann hinzu. Nach den Ereignissen in Tibet nahmen die Anfragen weiter zu.

Hinzu kamen private Verpflichtungen. Nach ihrer Ankunft traf sie viele chinesische Freunde wieder. Und als die Mannschaft am Freitagabend essen ging, musste natürlich die Chinaexpertin die Gerichte bestellen. Teamkollegin Imke Duplitzer glaubt allerdings nicht, dass die Ablenkungen die Ursache dafür war, warum Heidemann im Halbfinale den entscheidenden Treffer nicht setzen konnte. „Sie ist Profi genug“, sagte sie, „da müsste sie abschalten können.“ Spätestens gestern Abend bei der Bronzemedaillenfeier dürfte Britta Heidemann das gelungen sein. Und heute wartet noch ein Peking-Ausflug auf sie. Für eine Fernsehreportage.

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