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Jetzt fliegt er wieder. Thomas Kraft steht auch am Samstag im Bremen im Tor von Hertha BSC.

© dpa

Rune Jarstein fehlt auch bei Werder Bremen: Hertha BSC: Neue Chance für Thomas Kraft

Torhüter Rune Jarstein wird bei Hertha BSC sehr geschätzt. Trotzdem löst seine Verletzung kein Wehklagen aus - weil Thomas Kraft seine Sache zuletzt gut gemacht hat.

Dass Mitchell Weiser in dieser Woche wegen muskulärer Probleme bisher nur individuell trainieren konnte, hat Pal Dardai vor erhebliche Probleme gestellt. Beim "elf gegen elf" musste der Trainer von Hertha BSC mit einem dramatischen Mangel an Rechtsverteidigern klarkommen. Am Ende stellte er Dennis Smarsch, von Beruf Torhüter, rechts in die Viererkette – weil neben Weiser auch dessen etatmäßiger Vertreter fehlte. Thomas Kraft ist in der Vergangenheit sowohl im Training als auch in Testspielen als Rechtsverteidiger zum Einsatz gekommen. Er darf sich gewissermaßen als Backup des Backups für diese Position fühlen. Doch weitere Einsätze als Feldspieler wird es für den 29-Jährigen vorerst nicht geben: Thomas Kraft wird jetzt wieder voll und ganz als Torhüter benötigt.

Am Freitagmorgen hat sich Rune Jarstein mit Oberschenkelproblemen für das Spiel gegen Borussia Dortmund abgemeldet, am Abend stand Kraft erstmals nach 637 Tagen wieder in der Fußball- Bundesliga auf dem Platz, und tags drauf verkündete der Klub, dass Jarstein sich einen Muskelfaserriss zugezogen hat. Heißt: Am Samstag bei Werder Bremen fällt der Norweger auf jeden Fall aus, vermutlich auch eine Woche darauf, im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim. "Bei Rune dauert es noch ein bisschen", sagt Dardai.

Der Norweger genießt bei Hertha hohe Wertschätzung. "Rune hat eine Strafraumbeherrschung wie ganz wenige Torhüter in der Bundesliga", findet zum Beispiel Dardai. Durch seine Art des Torwartspiels ist Jarstein zu einer prägenden Figur bei den Berlinern geworden, sowohl für die Defensive als auch für das Aufbauspiel aus der letzten Reihe heraus. Und trotzdem ist nach seinem Ausfall nicht das große Wehklagen bei Hertha ausgebrochen. "Wir haben zwei gute Torhüter", sagt Dardai. Krafts Auftritt beim 1:1 gegen Borussia Dortmund hat ihn in dieser Ansicht nur bestätigt: "Thomas hat gut gehalten."

Trainer Dardai schätzt Kraft für seine Persönlichkeit

Mehr als zwei Jahre ist es her, dass Kraft, zuvor vier Spielzeiten Herthas Nummer eins, seinen Stammplatz nach einer Schulterverletzung an Jarstein verloren hat. Seitdem kam er nur noch auf sieben Pflichtspieleinsätze für Hertha, darunter vier in der Europa League in dieser Saison. Wer Kraft mal im Training erlebt hat, seine Wut bei Gegentoren, der hätte sich nie vorstellen können, dass er sich auf Dauer mit der Rolle des Ersatzmannes abfinden, geschweige denn anfreunden könnte. Im Frühjahr aber hat er seinen Vertrag bei Hertha sogar bis 2019 verlängert. "Ich habe kein Problem damit, mich mit der Rolle als Nummer zwei zu identifizieren und sie zu akzeptieren", hat Kraft im Sommer gesagt. "Ich habe das Gefühl, dass ich mich hier weiterentwickelt habe und das auch in Zukunft noch machen kann."

Dardai weiß, dass die Situation für einen ehrgeizigen Typ wie Kraft schmerzhaft ist. "Wenn du nicht spielst, ist es wichtig, wie man dich behandelt", sagt er. "Bei uns hat keiner das Gefühl, dass er vom Trainerteam vernachlässigt wird." Dardai hält es für vorbildlich, wie Kraft trainiert. "Ihn interessiert nur der Sieg. Dadurch ist er für mich ein Führungsspieler, selbst wenn er nicht spielt. Ich halte sehr viel von seiner Persönlichkeit." Kraft hat einen Weg gefunden, mit seiner neuen Rolle umzugehen. Er ist nicht mehr ganz so verbissen wie früher, im Training wirkt er fast schon ein bisschen manisch, und offenbar verfügt er sogar über einen subtilen Sinn für Humor. Als er am Freitag nach dem 1:1 gegen den BVB vom Spielfeld kam und an den Journalisten vorbeiging, sagte er: "Männer, ich sag' heute nichts." Heute? Kraft sagt eigentlich schon seit zwei Jahren nichts mehr zu Journalisten.

Er hat für sich beschlossen, dass er das nicht braucht – dass es auch nichts bringt, auf diese Weise PR für sich zu machen. Wichtig ist ihm, dass die Fortschritte in seinem Spiel registriert werden. Und das werden sie. "Auch als älterer Spieler hat er sich tierisch verbessert", sagt Dardai. Früher ist ihm bei Herthas Spielen aufgefallen, dass Kraft mit seinem Fuß wenig Gutes anzufangen wusste: "Viele Bälle sind auf der Tribüne gelandet." Gegen Dortmund, am Freitag, aber „war er ein richtiger Aufbauspieler“.

Im September 2015 hat Kraft seinen Platz wegen einer Verletzung an Jarstein verloren. Jetzt ist Jarstein verletzt. Dass es jetzt zur Umkehrung der damaligen Situation kommt, damit rechnet trotzdem niemand, vermutlich nicht mal Kraft selbst. "So weit gehen wir nicht", sagt Pal Dardai. "Thomas ist ein erfahrener, guter Wettkampftyp. Aber so, wie sich alles entwickelt hat, hat Rune einen kleinen Vorteil."

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