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Sport: Russische Titelverteidigerin Schorkina stürzt im Mehrkampf ab

Ihre Goldmedaille konnte die 20-jährige Russin Swetlana Schorkina verlieren, ihren Stolz nicht: Nachdem die Niederlage schon früh fest gestanden hatte, half sie ihrer schärfsten Konkurrentin Simona Amanar im letzten Durchgang, den Stufenbarren zu präparieren. Aber nicht einmal diese Geste der Demut vor der Thronfolgerin war von Erfolg gekrönt: Auch die Rumänin verspielte mit einem Sturz alle Medaillenchancen.

Ihre Goldmedaille konnte die 20-jährige Russin Swetlana Schorkina verlieren, ihren Stolz nicht: Nachdem die Niederlage schon früh fest gestanden hatte, half sie ihrer schärfsten Konkurrentin Simona Amanar im letzten Durchgang, den Stufenbarren zu präparieren. Aber nicht einmal diese Geste der Demut vor der Thronfolgerin war von Erfolg gekrönt: Auch die Rumänin verspielte mit einem Sturz alle Medaillenchancen. Neue Turn-Königin wurde Maria Olaru (Rumänien). Und wenn es einen kleinen Trost für die elegante Schorkina gibt, dann diesen: Auch Maria Olaru darf durchaus als Vertreterin des fraulichen Turnens gelten, weil sie mit 1,62 Metern Köpergröße eine für Kunstturnerinnen fast schon magische Grenze übertrifft.

Eine Schorkina weint nicht, eine Schorkina leidet still mit hoch erhobenem Kopf und starrem Blick. So jedenfalls bei der Turn-WM in China. Gleich nachdem die Russin zum Start nur 8,937 Punkte für ihre verpatzte Schwebebalken-Kür bekommen hatte, war der Traum von der Titelverteidigung ausgeträumt. Der ohnehin finstere Blick ihres Trainers Boris Pilkin wurde noch finsterer. Die folgenden drei Geräte wurden für die beiden zu einer Leidenstour im Blitzlicht-Gewitter. Nachdem sie die Siegerehrung von Ferne verfolgt hatte, bog die Stufenbarren-Olympiasiegerin vor der Mixed-Zone rechts ab. Einen wartenden Journalisten, der eine Frage stellen wollte, ließ sie mit einem kurzen "no" stehen. Ob sie verletzt sei, rief der Pressemann ihr noch eine Frage hinterher. Keine Antwort.

Schon während des Mannschafts-Endkampfes, bei dem Russland wegen eines Schorkina-Absteigers am Schwebebalken Gold verpasst hatte, kamen Gerüchte über eine Verletzung auf. Fakt ist, dass die Diva in diesen Tagen in China kaum trainiert hatte und sich ständig im Nacken massieren ließ. Schon früher hatte die mit 1,64 Metern ungewöhnlich große Turnerin über Rückenbeschwerden geklagt. Das jahrelange Training in der harten russischen Schule scheint nun seine Opfer zu fordern. Läuft die Zeit der unbestrittenen Turn-Königin der letzten fünf Jahre womöglich ab? Rund um das Tianjin-Gymnasium herrschte gestern Ratlosigkeit. Immerhin: Die laut russischen Angaben "etwas müde" Schorkina steht heute in drei von vier Gerätefinals und kann ihr ungewohntes neues Image ganz schnell wieder korrigieren.

Die neue Weltmeisterin Maria Olaru konnte ihr Glück kaum fassen. "Sind Sie sicher, dass ich Weltmeisterin bin?", fragte sie bei der Pressekonferenz, bei der Rumäniens Cheftrainer Octavian Belu auch den Chefdolmetscher spielte. Es war sicher. Einen Seitenhieb in Richtung der Chinesinnen konnte sich die 17-Jährige (oder der Trainer?) nicht verkneifen. Belu jedenfalls übersetzte: "Ich habe ganz schön gestaunt, was die Chinesinnen am Stufenbarren alles zeigen können, weil sie so klein sind". Ein altes Thema: Die kleinste Chinesin Chunyue Bai, die angeblich 16 Jahre alt sein soll, ist kaum größer als das Sprungpferd (1,25 Meter), über das sie sich mit Salti und Schrauben hinüber katapultiert.

Eine gute Figur im Mehrkampffinale machte Birgit Schweigert, die als 24. nur wegen eines kleinen Patzers beim Bodenturnen nicht den Sprung unter die besten 20 schaffte. Nach der verpassten Olympia-Qualifikation war die Kölnerin die einzige deutsche Turnerin, die mit dieser China-Reise einigermaßen zufrieden war. "Sie hat einen guten Eindruck hinterlassen", sagte Teamchef Dieter Koch, "zumal hier viele Weltklasseturnerinnen Federn lassen mussten". Und an ihrem letzten Geräte durfte sich Birgit Schweigert sogar ein bisschen wie eine Goldmedaillen-Gewinnerin fühlen. Beim Stufenbarren übernahm nämlich Weltmeister-Trainer Octavian Belu die Hilfestellung.

Jürgen Roos

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