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Sport: Safety Car: Bummeln bei Tempo 250

Eigentlich hätte Bernd Mayländer allen Grund, sauer auf seine Rennfahrer-Kollegen aus der Formel-1-Branche zu sein. Kaum läuft ihm einer von ihnen über den Weg, prompt bekommt der 29-Jährige auch schon zu hören: "Ich bin froh, wenn ich dich nicht sehe!

Eigentlich hätte Bernd Mayländer allen Grund, sauer auf seine Rennfahrer-Kollegen aus der Formel-1-Branche zu sein. Kaum läuft ihm einer von ihnen über den Weg, prompt bekommt der 29-Jährige auch schon zu hören: "Ich bin froh, wenn ich dich nicht sehe!" Dass dies auch noch freundlich gemeint ist, wissen nur Insider. "Wenn ich vor dem Fahrerfeld auftauche, dann bedeutet das für die Jungs Bummelrunden", erklärt Mayländer das Missfallen. Und wehe dem Fahrer, der es wagen würde, ihn zu überholen!

Bernd Mayländer fährt als Angestellter des Motorsport-Weltverbandes Fia das offizielle Safety Car, das sich in kritischen Rennsituationen, zum Beispiel nach schweren Unfällen oder bei Witterungs-Unbilden, vor das Feld setzt und die Situation beruhigt. Deshalb möchte ihn niemand vor der Nase haben, obwohl von einem Bummeltempo in der Safety-Car-Phase wirklich keine Rede sein kann. "Ich fahre voll am Limit, Spitze 250 km/h, aber was ist das schon für einen Rennfahrer im Formel-1-Boliden?", meint er. "Am liebsten ist mir deshalb, dass ich außer in der Einführungsrunde überhaupt nicht in Erscheinung treten muss."

Wenn Bernd Mayländer und sein Co-Pilot Peter Tabbits aus England aktiv werden, flackern die Stroboskoplichter auf dem Dach ebenso grell wie die Blitzlichter in den Scheinwerfern und Nebellampen. Diese Signalanlage ist ein Teil der Zusatzausrüstung, die aus dem ganz normalen Sportwagen erst ein Safety Car machen. Auf dem Lichtbalken auf dem Dach ist außerdem eine nach vorn und hinten schwenkbare Kamera montiert, das Auto verfügt über einen Transponder für die Zeitmessung und über ein stationäres Funkgerät. Seit November 1999 ist auch eine Straßenversion als Mercedes CL 500 im Handel. Listenpreis: 178 292 Mark. "Mein Job macht mir schon vom Auto her Spaß", erzählt der Schwabe aus Schorndorf, für den die Formel-1-Szene von Kindheit an ein Traum war.

"1977, als Niki Lauda im Ferrari gewann, habe ich das erste Mal auf der Start-Ziel-Tribüne gesessen", erinnert sich Mayländer. "Als ich später in der Formel Ford einen deftigen Unfall gebaut hatte, meinte mein Vater, dass ein Dach über dem Kopf für mich wohl besser wäre. Seitdem bin ich im Sportwagen- und Tourenwagensport aktiv." Der gelernte Industriekaufmann Mayländer fährt im Rahmen des Porsche-Pirelli-Supercups für ein Team aus Koblenz, liegt als Vierter vor dem Hockenheimrennen noch im Bereich des Titels. "Für die Fia war es wichtig, dass im Safety Car ein aktiver Rennfahrer sitzt. Da der Porsche Supercup immer am Rande der Formel 1 stattfindet, kann ich Job und Hobby ganz gut verbinden. Wenn es aber wirklich einmal nicht zusammen passt, dann habe ich von der Fia alle Freiheiten." Bernd Mayländer nennt diese Kombination verbunden mit eigener Management- und PR-Tätigkeit einen "Fulltime-Job".

Obwohl er als Rennfahrer mit den 355 Pferdestärken und einer Spitzengeschwindigkeit von 290 km/h umzugehen weiß, verfolgt ihn von Anfang an ein Albtraum: "Ja, dass ich selbst einmal, womöglich sogar in einer Einführungsrunde, herausfliegen könnte. Das Safety Car zu fahren, ist in einer Hinsicht mit einem Rennen zu vergleichen. Man muss immer das richtige Tempo finden." "Stand by" lautet für ihn das Signal auch, wenn es vor Rennbeginn wie aus Kannen vom Himmel schüttet. Dann kann es schon einmal vorkommen, dass ein Grand Prix hinter Bernd Mayländer gestartet wird, und erst Vollgas erlaubt ist, wenn er die Lichter ausschaltet und wieder in die Boxengasse einbiegt. "Besser ist, es kommt nicht dazu. Ehrlich: Ich hätte mich auch nicht gern vor der Nase."

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