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Hoch hinaus, am besten höher als Kiel. Sven-Sören Christophersen (mit Ball) will mit den Füchsen auch gegen den Serienmeister aus dem Norden mithalten. Foto: dpa

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Saisonstart in der Handball-Bundesliga: Füchse Berlin: Kleine Sprünge bis zum Titel

Die Füchse Berlin setzen auf kontinuierlichen Aufbau und versprechen viel für die kommenden Jahre.

Dagur Sigurdsson war mit seinem Deutsch am Ende. Der Trainer der Füchse Berlin sinnierte gerade über die Nachwuchsförderung beim Berliner Handball-Bundesligisten, er sprach über die neuen A-Junioren im Team, schmückte seine Statements mit Anekdoten aus dem Trainingslager aus, kurzum: Er gab den netten Herrn Sigurdsson – bis zu diesem Satz. „Wir brauchen keine Mit…. keinen Mit… Wie sagt man das?“ Mitläufer vielleicht? „Genau“, sagte Sigurdsson. Es sei zwar schön, dass zwei junge und zwei erfahrene Spieler den Kader für die Saison 2012/13 ergänzen. „Aber sie fangen bei Null an. Ich beurteile nur nach Leistung.“ Auch wenn das, wie Sigurdsson betont, „nie anders“ war, kann der Satz als sinnbildlich für das neue Anspruchsdenken bei den Füchsen gelten.

Der Verein hat sich in der Spitzengruppe der weltweit stärksten Handball-Liga etabliert, im sechsten Jahr der Bundesliga-Zugehörigkeit ist die Zeit des Understatements für die Berliner vorbei. Das sagt so offensiv zwar niemand, zumal der Klub weiter an seinem plakativen Motto „Wir sind die Jäger“ festhält. Zwischen den Zeilen ist die Botschaft vor dem ersten Pflichtspiel der Saison heute gegen Aufsteiger GWD Minden (17.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle) allerdings eindeutig zu vernehmen. Ein Startplatz im Europapokal, idealerweise in der Champions League, sollte es schon sein am Ende der Saison. Als langfristiges Ziel hat Manager Bob Hanning vier Europapokal-Teilnahmen und einen Titel für die nächsten fünf Jahre ausgegeben – für Hanningsche Verhältnisse eine ziemlich spektakuläre Aussage, zwar kontrolliert, aber offensiver als je zuvor.

Rein personell verfügen die Berliner über ein Team, das diese Zielvorgabe erfüllen kann. Manager Hanning hat die Mannschaft über Jahre sukzessiv verstärkt, die erste Sieben besteht mittlerweile fast ausnahmslos aus Nationalspielern, mit der Verpflichtung von Börge Lund ist jetzt auch jede Position doppelt besetzt. Trainer Sigurdsson befindet sich in der komfortablen Situation, von der Bank einen Spieler wie den Spanier Iker Romero bringen zu können. Gleichwohl gehört die Integration eigener A-Junioren zu den zentralen Säulen im System der Berliner. Die Außenspieler Colja Löffler und Johannes Sellin haben ihre Bundesliga-Tauglichkeit bereits nachgewiesen, Kreisläufer Jonas Thümmler und Torhüter Maximilian Kroll erhalten in der neuen Saison die Gelegenheit dazu. „Wir bleiben unserer Philosophie treu“, sagt Bob Hanning, der mit der A-Jugend zuletzt dreimal Deutscher Meister werden konnte. „Weltklasse kann gekauft werden, der Nachwuchs wird ausgebildet.“

Einerseits wollen die Berliner Verantwortlichen diesem Mantra folgen, andererseits sind sie sogar gezwungen, das zu tun. „In der Bundesliga-Geldrangliste können wir mit den ganz Großen einfach nicht mithalten“, sagt Bob Hanning. Zwar haben die Berliner ihren Etat, einem Bericht der Fachzeitung „Handball-Woche“ zufolge, um etwa eine halbe Million Euro auf 5,3 Millionen Euro erhöht, der THW Kiel (9,5 Millionen Euro) oder der HSV Hamburg (8,1 Millionen Euro) bewegen sich diesbezüglich jedoch in anderen Sphären. Diesen Umstand wollen die Berliner anderweitig kompensieren: mit jenem Mannschaftsgeist, der sie zuletzt bis ins Halbfinale der Champions League getragen hat. „Wir sind kein Team aus Superstars, sondern ein Arbeitsteam mit großem Herz. Das ist unser Markenzeichen“, sagt Trainer Sigurdsson, der seinen ursprünglich bis 2013 laufenden Vertrag am Freitag vorzeitig bis zum Jahr 2017 verlängert hat. Bereits im März hatte Sigurdsson im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt: „Es wird sehr schwer, mich aus Berlin wegzuholen.“ Mit der Unterschrift des Isländers für weitere vier Jahre senden die Berliner eine Botschaft hinaus in den Handball-Kosmos: Seht her, wir planen langfristig. „Es entwickelt sich alles in die richtige Richtung und wir haben noch spannende Jahre vor uns“, sagt Sigurdsson. „Dabei sind wir lange nicht am Ende, sondern mittendrin.“

Diesen Umstand – und nicht zuletzt den damit verbundenen sportlichen Erfolg – honorieren auch die Berliner Zuschauer. 2500 Dauerkarten hat der Verein in der Sommerpause abgesetzt – so viele wie nie zuvor. Für Nationalkeeper Silvio Heinevetter gehört die Max-Schmeling-Halle mittlerweile „von der Stimmung her zu den drei besten Hallen in Deutschland“. Eine Adelung für die Anhänger, die sie sich in der abgelaufenen Saison in kritischen Situationen mit nie da gewesenen Pfeifkonzerten wie im Champions-League-Viertelfinale gegen Leon verdient haben.

Zur Erinnerung: In den ersten Jahren verirrten sich bisweilen nur einige hundert Zuschauer in die Schmeling-Halle. In diesem Jahr kamen allein zur offiziellen Teampräsentation des Klubs schon 350 Gäste.

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