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Bonjour, Monsieur Popovich. Der Spurs-Trainer setzt in seiner Mannschaft konsequent auf ausländische Spieler, die Franzosen Tony Parker (l.) und Boris Diaw (r.) sind nur zwei von insgesamt neun Akteuren ohne US-Pass.

© AFP

San Antonio Spurs: Trainer Gregg Popovich setzt auf Spieler ohne Grenzen

Wie Basketballtrainer Gregg Popovich die San Antonio Spurs mit Spielern aus Europa und Südamerika zum ungewöhnlichsten NBA-Klub formte.

Am Sonntagmorgen ereilte den Trainer der San Antonio Spurs in der kleinen Trainingshalle von Alba Berlin in Berlin-Mitte eine schlechte Nachricht. „Wirklich, das Pergamonmuseum ist geschlossen?“, sagte Gregg Popovich inmitten einer Traube von Journalisten, „ich hatte es auf die Liste der Sehenswürdigkeiten für die Spieler gesetzt.“ Die für einen Basketballtrainer eigentlich nebensächliche Nachricht beschäftigte ihn ungewöhnlich lange. „Unsere Spieler werden enttäuscht sein“, sagte Gregg Popovich, halb ernsthaft, halb ironisch. Dann wiederholte er noch einmal für sich selber: „Ich muss es von der Liste nehmen.“

Wenn am Mittwochabend der NBA-Meister San Antonio Spurs in der Halle am Ostbahnhof ein Testspiel gegen Alba Berlin bestreitet (20 Uhr, live im Internet bei sport1.de), können die Zuschauer das Werk eines der weltweit ungewöhnlichsten Basketballtrainer erleben. Der 65 Jahre alte Gregg Popovich denkt über das Spielfeld hinaus und ist damit auch noch äußerst erfolgreich.

Als einer der ersten NBA-Coaches hat er konsequent auf ausländische Spieler wie den Franzosen Tony Parker und den Argentinier Manu Ginobili gesetzt, im aktuellen Team stehen sogar neun Ausländer. „Es klingt für mich einfach nur logisch, dass man gute Spieler überall finden kann“, erklärt Gregg Popovich in Berlin: „Wenn du einen guten Spieler mit Charakter und Teamwork-Qualität findest, dann ist es egal, ob er aus Südamerika, Europa oder aus dem Nahen Osten kommt.“ Der Erfolg gibt ihm recht: Fünf NBA-Meistertitel hat der US-Amerikaner gewonnen, seit er 1996 den Cheftrainerjob in San Antonio übernahm.

Die San Antonio Spurs sind der erste NBA-Club mit einer weiblichen Co-Trainerin

Er geht mit den Spurs auch weiterhin ungewöhnliche Wege. In Becky Hammon verpflichtete der Klub vor dieser Saison als Erster in der NBA eine weibliche Co-Trainerin. Und in Ettore Messina setzen die Spurs ebenfalls als Erste auf einen europäischen Co-Trainer (bei den Los Angeles Lakers hat Ettore Messina kurzzeitig als Berater fungiert). Das alles macht die San Antonio Spurs zu einem nicht nur sportlich herausragenden NBA-Klub.

„Das ist kein absichtliches Vorhaben, wir haben nicht gesagt, wir wollen anders sein als die anderen“, erklärt Spurs-Manager R.C. Buford dem Tagesspiegel. Vielmehr habe sich diese Kultur bei den Spurs allmählich entwickelt. „Es hat mit Gregg Popovich angefangen“, sagt R.C. Buford, „ihm haben die kulturellen Erfahrungen gefallen, die die Spieler aus aller Welt mitbringen.“  Inzwischen ist daraus eine Überzeugung geworden. „Warum sollen wir im Basketball in Grenzen arbeiten?“, sagt der Manager der Spurs, „warum sollen wir Ettore Messina als Europäer oder US-Amerikaner sehen? Er ist ein großartiger Trainer, lass ihn zu uns kommen.“

Die internationale Ausrichtung hat die San Antonio Hotspurs besser gemacht - und die NBA

Es gab eine Zeit, als wir in den USA vom Teamplay weggekommen sind“, sagt Gregg Popovich, „wir sind abgedriftet zu Dunkings und zu Highlight-Dreiern.“ In dieser Zeit habe man in Übersee lernen können, wie man richtig Basketball spielt. „Jetzt ist das Pendel wieder zurückgeschwungen“, sagt Gregg Popovich, „wir haben wieder Spaß daran, das Spiel so zu spielen, wie wir es vorher gemacht haben – und die ausländischen NBA-Spieler haben einen großen Anteil daran.“ Tatsächlich gibt es inzwischen fast 100 Spieler in der NBA, die nicht in den USA geboren wurden. Die Spurs aber setzen am konsequentesten darauf. Das wird nicht überall positiv gesehen.

Wie NBA-Angestellte in Berlin erzählten, hätten manche in der Liga es lieber gesehen, wenn ein Team mit einem Superstar wie LeBron James, Kobe Bryant oder Kevin Durant den Titel gewonnen hätte. Ein Einzelner lässt sich eben besser vermarkten als ein Team. Zwar haben die Spurs in Tim Duncan einen Star, der fünf Meisterringe gewonnen hat. Doch der 2,11 Meter große Centerspieler gilt als schüchtern, bei einer Meisterfeier versteckte er sich hinter seiner Videokamera und filmte die Party der anderen.

Der französische Aufbauspieler Tony Parker, der vor dem Spiel gegen Alba vom Weltverband Fiba das zweite Mal in Folge als Europas bester Spieler ausgezeichnet werden soll, schillerte kurzzeitig auch außerhalb der Sportberichterstattung. Doch seine Ehe mit der US-Schauspielerin Eva Longoria ist längst wieder geschieden. Manu Ginobili und Tiago Splitter sind in ihren Heimatländern Argentinien und Brasilien berühmter als in den USA. Und die Karriere des 23 Jahre alten US-Amerikaners Kawhi Leonard, bester Spieler der Finalserie gegen die Miami Heat (4:1 nach Siegen), beginnt erst. „Wir können nur das beste Team aufstellen“, sagt Spurs-Manager R.C Buford angesichts der Kritik, „wir hatten mal den besten Spieler der NBA, jetzt haben wir eine Gruppe, die gut zusammenspielt.“

Und einen außergewöhnlichen Trainer. „Es gibt nichts Aufregendes bei uns, nur jede Menge harte Arbeit“, sagt Popovich. Und die ist ihm wichtiger als alles andere. Als ihn am Dienstag ein Fotograf beim Vortrag vor einer Gruppe von Trainern aufnehmen wollte, genügte Popovich ein langer, strenger Blick. Und der Mann hatte verstanden.

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